SWR2 Wort zum Tag

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Wer viel arbeitet, sollte noch mehr beten. Wer sich nach Kräften für Menschen oder eine Sache engagiert, der braucht umso dringender den Rückzug. Vermutlich würden die meisten von Ihnen diese Weisheit unterschreiben. Und trotzdem fällt es so schwer, diese Weisheit im Alltag zu leben: "Je mehr man arbeitet, umso nötiger sind Rückzugsphasen. Je engagierter man für etwas kämpft, umso wichtiger ist das Beten."
Wie wichtig das ist, schildert die Bibel in einer dramatischen Episode:
Jesus muss geschockt gewesen sein: Mitten hinein in die erfolgreichen Anfänge seines öffentliches Auftreten - immer mehr Menschen strömen zu ihm - platzt die Nachricht: "Herodes hat Johannes den Täufer hinrichten lassen." Den Mann, der ihn getauft hat. Bin jetzt ich dran? Soll ich nicht besser aufgeben? Wird meine Mission zu gefährlich? Ich denke, so musste sich Jesus fragen. Er kann nicht einfach nur weiter machen.
Er verlässt die Zivilisation, zieht sich zurück, in die Einsamkeit. Rückzug, um Klarheit zu gewinnen. Mit Gott reden, nachdenken und den Weg neu bestimmen.
Beim Beten in der Einsamkeit hat Jesus erfahren, dass er nicht aus eigener Kraft kämpft und nicht auf sich allein gestellt ist. Und als nach einiger Zeit die Menschen ihn in der Einsamkeit aufspüren, da ist er bereit, sich ihnen wieder ganz zuzuwenden. Mit neuer Kraft und Gewissheit.
Vielleicht ist das das Wichtigste in solch fordernden Situationen. Dass man sich dem Strudel von Arbeit und Engagement entzieht.
Wenn man in der Arbeit aufgeht oder sich voll für etwas einsetzt, kann es so wirken, dass man glaubt, ich muss es allein richten. "An mir allein liegt es. Ich habe die Verantwortung für diesen Menschen. Wenn ich nicht kämpfe für den Frieden, für die Umwelt, für die Partei, für die Firma, dann geht's dahin." In solchen Gedanken verfängt man sich als einzelner - unweigerlich. Sie ziehen einen hinab wie ein Strudel und man übernimmt sich.
Da braucht es Abstand, Rückzug und neu Denken. Und das Gespräch mit Gott. Damit der Strudel unterbrochen wird. Man kann entkrampfen und spüren, dass Gott auch noch da ist. Mit trägt. In einem ist. Und: Gott ist uns immer schon voraus im Einsatz für die Menschen und das Gute. Es ist eine große Erleichterung, wenn man das wieder sehen und spüren kann. Und es gibt Kraft, das Seine entspannter zu tun und leichter. Nicht zu schwer zu tragen. Wer viel arbeitet, sollte noch mehr beten.

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