Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ein Stück Leinen, 4,37 m lang, 1,11 m breit. Seinetwegen sind Hunderttausende nach Turin gekommen. Bis Sonntag wird es noch gezeigt: das „Grabtuch Christi".

Von der Reliquie geht eine ganz eigene Faszination aus. In dieses Leinen soll der vom Kreuz genommene Jesus eingewickelt und auf Golgotha bestattet worden sein. Davon sind die Pilger überzeugt. Und in der Tat zeigt das Tuch eindeutige Spuren eines Gekreuzigten. Im fotografischen Negativ offenbart es sogar die Gesichtszüge des Mannes.

Aber ist das Turiner Grabtuch wirklich echt? Oder doch nur eine raffinierte Fälschung aus dem Mittelalter? Der Streit darüber will nicht enden. Auch die Wissenschaftler sind sich uneins. Und die Kirche? Sie vermeidet eine endgültige Aussage, erlaubt aber die Verehrung des Tuches als „Ikone der Passion".

Fest steht: das Grabtuch wurde nicht bemalt. Es enthält Blutspuren eines realen Menschen, der gekreuzigt und mit Dornen gekrönt wurde. Wie aber die Abdrücke entstanden sind, das konnte bis heute nicht geklärt werden - trotz modernster Untersuchungsmethoden. Das Grabtuch von Turin bleibt ein Rätsel. Aber ist das so schlimm?

Was würde sich denn verändern, wenn eines Tages die Echtheit des Leinens zweifelsfrei erwiesen wäre? Dass Jesus wirklich gelebt hat, an einem Kreuz gestorben ist und begraben wurde, das ist historisch schon lange klar. Dass Jesus von Gott auferweckt wurde, dass er der Messias, der Christus ist, dass seine Botschaft wahr ist - das alles lässt sich mit dem Grabtuch nicht beweisen. Das ist eine Sache des Glaubens. Wissenschaftliche Analysen können uns diese Entscheidung nicht abnehmen.

Das Grabtuch in Turin wird die Menschen weiter beschäftigen. Denn sie haben sich ja auf den Weg gemacht zu Jesus. Wirklich finden kann man ihn aber nicht in irgendwelchen Leinenbinden.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8273
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