SWR3 Gedanken

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Es passiert immer ganz plötzlich - bei einem selbst und bei anderen: Wenn man den wunden Punkt berührt hat, dann gibt es oft unerwartete, ja heftige Reaktionen und man weiß meistens nicht warum die Reaktion so heftig ist, weil ja niemand seinen wunden Punkt zur Schau stellt. Die meisten Menschen, die ich einigermaßen gut kenne, haben einen solchen wunden Punkt, ich auch. Und oft trägt man ihn ein Leben lang mit sich herum. Bei dem Einen ist es eine zerbrochene Beziehung, bei einem Anderen ein Fehler, den er sich nicht verzeiht oder jemand hat in einer entscheidenden Situation versagt. Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie die Menschen. Die Möglichkeiten den wunden Punkt zu heilen aber nicht. Sie sind bei allen gleich: Am Anfang der Heilung des wunden Punktes steht dass ich ihn sehe, ihn annehme als Teil meines Lebens. Ganz wichtig auch, dass  ich nicht allein mit ihm bleibe, sondern rede, mit einem Freund, mit der Partnerin, mit Gott oder einem Therapeuten. Egal, Hauptsache es ist ein geschützter Rahmen, in dem ich diese Intimität gut aufgehoben weiß. Zum wunden Punkt gehört auch, dass er immer wieder auftaucht, dass er versorgt, gehegt und gepflegt werden muss, wie eine Wunde eben. Dass man ihn aber auch immer wieder in Ruhe lassen muss. Damit er heilen kann. Es ist dieses behutsame Hin und Her zwischen in Ruhe lassen und Pflegen, das den wunden Punkt dann irgendwann einmal heilt und ihn zur Narbe macht. Einer Narbe, die zwar noch an den wunden Punkt erinnert, aber nicht mehr weh tut. Endlich nicht mehr weh tut...

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