SWR4 Abendgedanken RP

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Priestertum aller Gläubigen- so hat Martin Luther das begründet, wenn Laien Verantwortung in der Kirche übernehmen und hohe kirchliche Ämter bekleiden. Uli Röhm wurde kürzlich zum Präses, also zum Vorsitzenden des evangelischen Dekanats Ingelheim gewählt. Von Beruf ist Uli Röhm Fernsehjournalist und hat das Magazin WISO im ZDF gegründet mit anderen. Und jetzt engagiert er sich auch auf dem Podium des ökumenischen Kirchentages in München. Wie ist das, wenn  ein Laie seine Energie und sein Fachwissen in die Kirche einbringt?
Uli Röhm wohnt in Jugenheim, einem kleinen rheinhessischen Dorf  mit einer großen barocken Kirche. Kürzlich wurde er in der Dekanatssynode, dem regionalen Kirchenparlament, zum Präses, also sozusagen zum regionalen Parlamentspräsidenten. Warum er sich hier in hohem Maße ehrenamtlich engagiert?

 Hier wohn ich, hier leb ich!

Von Beruf ist Uli Röhm Wirtschaftsjournalist. Er hat das Verbrauchermagazin WISO im ZDF mitbegründet. Und da gibt es durchaus Parallelen zwischen der Arbeit für dieses Verbrauchermagazin und der evangelischen Kirche, meint er.

WISO will seinen Zuschauern Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Sozialem aufzeigen und Verständnis wecken, warum manche politische Entscheidung in dem Sozialbereich nicht immer populär sein können. Als Wirtschaftsjournalist in einem Verbrauchermagazin steh ich doch auch auf Seiten der Verbraucher und ich denke es ist wichtig, wenn wir Journalisten Partei nehmen für die Benachteiligten, wenn wir den Schwachen zu ‚ner Stimme verhelfen.

Den Schwachen zu ner Stimme verhelfen, das ist ein Ziel, das er sowohl als Fernsehjournalist wie als Präses der evangelischen Kirche hat.

 Fernsehredaktionen und Kirchen haben eine Gemeinsamkeit: Beide wollen eine Botschaftverbreiten und jeder versucht, möglichst viele Menschen zu erreichen, deshalb müssen sich beide Gedanken machen: Wie bring ich meine Botschaft an die Frau oder an den Mann. Fernsehredaktionen sind allerdings technisch gesehen benachteiligt, denn die Zuschauer haben eine Fernbedienung und können sich wegzappen, wenn ihnen das Programm nicht passt. In der Kirche aufstehen und rausgehen ist schon schwieriger.

Mit überzeugenden Argumenten für den eigenen Standpunkt werben, das möchte Uli Röhm als Fernsehjournalist wie als Präses der evangelische Kirche in der Region Ingelheim.

 Ich denke, die Kirche muss sich in den politischen Raum mehr öffnen, sie muss sich einbringen in das gesellschaftliche Leben, wir haben auch Werte, die wir vermitteln können, auf die die Gesellschaft dringend angewiesen ist und ich glaube auch, erwartet.

Im Raum der Öffentlichkeit muss man kämpfen, um sich Gehör zu verschaffen, da muss man mit provokanten Aktionen auftreten oder politische Macht anstreben, meint er. Aber nicht so wie in manchen Talkrunden, wo sich der durchsetzt, der andere unterbricht und sich in Szene setzt. Denn  es geht auch anders, meint Uli Röhm.

Durchsetzen sollte sich die Kirche auch, das kann manchmal mit Argumenten oder mit guten Beispielen sein. Ich glaube es ist wirksamer, beispielhaft aufzutreten als mit Macht und Druck etwas versuchen durchzusetzen.

In der nächsten Woche beginnt der ökumenische Kirchentag in München, da ist er auch als Moderator dabei. Was er da erleben möchte und wie er dabei mitarbeitet, darüber mehr nach der Musik

2. Teil
Uli Röhm ist Fernsehjournalist und Vorsitzender der Dekanatssynode Ingelheim. In der nächsten Woche wird er beim ökumenischen Kirchentag in München mitwirken. Aus Überzeugung:

Kirchentage sind für mich das einzige Format in unserer Gesellschaft, bei dem über gesellschaftliche, politische Themen offen debattiert wird, bei denen auch unterschiedliche politische Positionen zur Diskussion gestellt werden können und stehen und bei denen auch politische Gegner miteinander reden, wo ausgeredet werden kann und wo manchmal mehr als drei Stunden aufmerksam zugehört wird und das scheinen auch viele junge Leute zu schätzen, die ich vermehrt bei Kirchentagen sehe und zähle

Schon die Vorbereitung war spannend. Denn die beiden Konfessionen- evangelisch, katholisch- sind doch sehr verschieden.

Wenn Protestanten und Katholiken gemeinsam planen, merkt man, welche großen Unterschiede es zwischen den beiden Kirchen doch immer noch gibt. Ich habe den Eindruck, manchmal beneiden uns die katholischen Brüder und Schwestern, in welcher Freiheit wir Protestanten planen und arbeiten können ohne Bischof, der uns führt und lenkt. Auf örtlicher Ebene ist das weniger zu spüren, aber weiter oben schon und ich wünsche mir eigentlich, dass sich das ändert.

Evangelische Kirchentage haben schon immer eine besondere Atmosphäre, hier spürt man, wie die Gesellschaft sich verändert. Hier wird debattiert: Wie könnte die Zukunft unserer Gesellschaft aussehen?

 Es gibt einen Begriff beim Kirchentag, der heisst Zeitansage, und alle großen gesellschaftspolitischen Veränderungen sind durch Diskussionen auf den Kirchentagen angestossen worden, das geht um die Aussöhnung mit dem Osten, Dritte - Welt - Themen, Friedensinitiativen, ökologisches Bewusstsein, das war sehr wohl gesetzt und wirkt in die Gesellschaft, in die Politik in unser Land rein mindestens für den evangelischen Kirchentag.

Als Fernsehjournalist ist Uli Röhm mit Großveranstaltungen vertraut. Zu solchen Podiumsdiskussionen kommen manchmal 8 - 10.000 Menschen, bei bekannten Politikern sogar bis zu 20 000. Zwei solcher Großveranstaltungen moderiert er auf der Bühne.

Die eine handelt von Armut und Familien, inwieweit Familien Armutsfaktor sind, die andere ist ‚ne Wissenschaftstagung, Inwieweit lässt sich durch Wissenschaft diese Welt in Prognosen steuern und lenken.

Armutsfaktor Familie. Darüber hat Uli Röhm geforscht und zum Beispiel herausgefunden: die Aufzucht von Schweinen wird wirtschaftlich als Beitrag zum Bruttosozialprodukt honoriert. Die Erziehung von Kindern nicht. Dem wird seine Podiumsdiskussion auf dem Kirchentag in Müchen nachgehen.

Dort gibt es drei Vertreter, eine kirchliche, das ist die Bischöfin Jepsen aus Hamburg, es ist der ehemalige Präsident der Caritas, der kommt aus Leipzig und ‚en Oberbürgermeister aus Ulm, Ivo Gönner, die dann praktisch darüber berichten sollen, wie lässt sich das Problem lösen?

So engagiert sich Glaube in der Welt. Aber was ist das für ein Glaube, von dem Uli Röhm, der Fernsehjournalist, getragen ist?

3. Teil
Jedes Parlament hat einen Vorsitzenden. Das Parlament der Evangelischen Kirche im Bezirk Ingelheim am Rhein wird geleitet von dem Fernsehjournalisten Uli Röhm, also einem Laien. Als so genannter Präses hat er großen Einfluss auf das Geschick der Kirche in der Region mit nahezu 40.000 evangelischen Christinnen und Christen.

Der Präses einer solch kleinen Dekanatssynode steuert die Welt bestimmt nicht, aber wenn ich mir das Ergebnis betrachte, das manche Wissenschaftler uns präsentieren, hab ich auch manchmal Zweifel, von wem diese Personen tatsächlich geleitet sind.

Wissenschaftliche Forschung, wissenschaftliche Zukunftsvoraussagen, Wirtschaft, die die Menschen ausser acht lässt, und nur die Produkte sieht, das kann ohne christlichen Glauben mehr schaden als nutzen.

 Ich glaube, Wissenschaftler können ein paar Handwerkszeuge liefern, aber die Vorgabe, wohin gesteuert wird, was das Ziel dieser Gesellschaft sein muss, das muss sich aus anderen Werten herleiten, das kann man wissenschaftlich bestimmt nicht definieren.

Durch seine Arbeit in der Kirche sieht er denn auch deutlicher die Grenzen seiner Arbeit als Journalist.

Also den Anspruch halt ich für viel zu überhöht  zu meinen, ein Fernsehmagazin könnte sich mit dem, was ‚ne Kirche liefert vergleichen lassen, da is ‚en Fernsehmagazin ‚en Serviceteil irgendwo, das auch nicht unbedingt Werte in dem Sinn, wie ich ‚se aus dem Glauben beziehe oder durch ‚ne Kirche bekomme, vermitteln kann.

Uli Röhm hat den Gottesdienst neu als Kraftquelle entdeckt. Allerdings eher den traditionellen Gottesdienst, der nicht den Aufgeregtheiten eines nach Neuigkeiten gierenden Fernsehens nachläuft und versucht, eine Konkurrenz zu der bunten Bilderwelt der Medien zu sein, er hält viel vom Wort, von der gut vorbereiteten niveauvollen protestantischen Predigt, die nachhaltige Wirkung erzielt.

Wenn ich an einen Gottesdienst denke, ist mir die Predigt wichtiger als ,ne Liturgie, wenn man so was überhaupt gewichten kann von dem Punkt. Ich habe durch ‚ne intellektuelle Ansprache teilweise mehr Impulse, die zu ‚ner Veränderung von Verhalten oder von Leben führen.

Und hier zeigt sich der Fernsehjournalist dann doch als leidenschaftlicher Protestant, für den eine gute und geistig herausfordernde Predigt doch das Wichtigste im Gottesdienst ist. Und er freut sich, dass er als Nicht- Theologe und Laie  in dieser Kirche ein großes Mitspracherecht hat. Und ich freue mich, dass Leute wie Uli Röhm unsere Kirche bereichern.

Ehrenamtliches Engagement in der Politik, in der Kirche oder in Gewerkschaften ist keine einseitige Angelegenheit, man trifft mit anderen interessierten, engagierten Menschen zusammen und das ist spannend, man lernt selber viel und das ist auch ‚ne Bereicherung‚ ‚ne persönliche, und wenn man ‚en Projekt abgeschlossen hat, verschafft das sogar noch eine unheimliche Befriedigung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8225
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