SWR3 Gedanken

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Armes Deutschland. Ein Spruch, der uns manchmal so rausrutscht, wenn wir uns über irgendwas wundern oder ärgern. Armes Deutschland, in dem über 11 Millionen Menschen inzwischen von Armut mindestens bedroht sind. Das zumindest hat das ideologisch eher unverdächtige Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung festgestellt. Aktuell betrifft es also nahezu jeden siebten Bürger. Man stelle sich nur einmal einen sonnigen Nachmittag in der belebten Fußgängerzone vor: Jeder siebte, der mir dort begegnet, lebt - statistisch betrachtet - an der Grenze zur Armut. Eine wahrhaft bedrückende Vorstellung in einem Land, das zu den 25 reichsten und am höchsten entwickelten der Welt gehört.
Dabei sind die deutschen Armen ja nur relativ arm, wie der Journalist Heribert Prantl einmal schrieb. Verglichen etwa mit Menschen in Afrika. Allerdings, so meinte er, sind die deutschen Armen auch relativ arm dran, weil ihre Probleme nicht wirklich wahrgenommen werden. Wer nur sehr wenig Geld hat, dem bleiben nun mal viele Möglichkeiten verschlossen. Wer wenig Geld hat, hat es einfach schwerer am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Ganz nebenbei macht Armut auch noch unglücklich - und nicht nur die Armen. Die Lebenszufriedenheit ist nämlich keineswegs in jenen Ländern am größten, in denen die meisten Millionäre leben, sondern dort, wo der Abstand zwischen Arm und Reich am wenigsten auseinanderklafft. Ein Grundanliegen sozialer Gerechtigkeit übrigens, auf das die Sozialenzyklika des Papstes im letzten Jahr ausdrücklich hingewiesen hat.
Übrigens ist das Jahr 2010 von der Europäischen Gemeinschaft zum Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung erklärt worden. Acht Monate bleiben noch. Dann werden wir sehen, ob es mehr war als nur soziale Rhetorik.

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