Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Wissen Sie, was ein Meisenknödel mit der Fastenzeit zu tun hat?
Meisenknödel, das sind diese kleinen Säckchen mit Körnern gefüllt, die man am Balkon oder im Garten aufhängen kann, um die Vögel während der kalten Jahreszeit zu füttern. Habe ich diesen Winter auch gemacht. Und für meine kleine Tochter – aber auch für meine Frau und mich - ist das immer wieder schön, die Vögel beim Fressen zu beobachten. Die Säckchen hingen immer an der gleichen Stelle. So ging das – wenn mal Schnee lag - durch den Winter durch.
Jetzt haben wir zum ersten Mal ein Säckchen an einer anderen Stelle aufgehängt. Die ersten hungrigen Schnäbel kamen auch bald. Vor allem Spatzen. Und an der alten Stelle, dort, wo sonst immer die Säckchen hingen, kamen auch immer wieder Meisen an. Blickten sich um, so, als wollten sie klagen, dass da doch immer was für sie war. Und flogen wieder weg. Leer ausgegangen. Den neuen Ort – nur etwa einen Meter nebendran – haben sie anscheinend nicht gefunden. Komisch. Aber das ist wohl die Macht der Gewohnheit.
Klingt banal, aber vielleicht kann man das von den Vögeln lernen: Wer sich immer nur auf Althergebrachtes verlässt, wer durch die Gewohnheit unbeweglich wird, wer zu sehr an Vergangenem festhält, der geht irgendwann leer aus. Der merkt auch nicht, wenn Veränderungen Neues mit sich bringen. Der verstellt sich den Blick für das Neue. Der beschwert sich vielleicht noch, dass es früher besser war, ohne zu merken, dass auch das Neue Vorteile und Gutes hat.
Unsere Vögel am Balkon waren nur auf der Suche nach etwas zu fressen. Aber unbewusst haben sie mir von der Fastenzeit erzählt: Von der Zeit, in der es Altes zu überdenken gilt, Scheuklappen wegzuwerfen; und in der es heißt, aufmerksam zu werden für das, was Neues kommt.


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