SWR3 Gedanken

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Frau Hermann hat künstliche Knie eingesetzt bekommen. Leider hat es nicht so geklappt, wie bei ihren Bekannten. Beim ersten Knie ging alles ganz gut. Beim zweiten gab es leider viele Komplikationen. Das Knie musste sogar wieder rausgenommen und dann nach ein paar Wochen wieder implantiert werden. Es war eine Tortur. Jetzt kann sie ihr Knie nicht ordentlich bewegen und hat Schwierigkeiten mit dem Gehen.
Frau Hermann erzählt mir das alles. Die Ärzte hätten Fehler gemacht, sagt sie. aber sie trägt es ihnen nicht nach. Es lag ja auch an ihrem Körper. Vielleicht hätte sie doch auch länger warten sollen nach der ersten OP.
„Man muss eben mit seinen Grenzen leben." Meint sie und es klingt nicht, als ob sie sich aufgegeben hätte. Nein, sie ist und bleibt aktiv am Leben. „Manches kann ich heute nicht mehr so machen wie früher. Bei anderem muss ich kreativ umdenken und vieles geht ja auch!" Das Tanzen, würde heute nicht mehr gehen, das würde sie schon vermissen. Einmal hat sie es sogar versucht, aber schon nach wenigen Schritten wieder aufgegeben. Das hat sie schon ein bisschen deprimiert.
„Ich will aber auch leben mit meinem kaputten Knie" sagt sie und bittet mich den Kaffee und den Kuchen doch selbst aus der Küche zu holen, sie habe alles vorbereitet.
Ich hole Kaffee und Kuchen und wir reden. Sie fragt mich nach meiner Familie und meinem Beruf, sie erzählt mir von sich, ihren Kindern, ihrem ersten Enkelkind und ihren vielen Reisen. Erst als ich wieder aufstehe, sagt sie: zur Tür begleite ich sie nicht... Sie wissen ja, das Knie...
Macht nichts, sage ich, ist in Ordnung. Und ich habe wirklich das Gefühl, es ist in Ordnung. Leben funktioniert eben auch mit körperlichen Einschränkungen.

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