SWR3 Gedanken

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„Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen. Weil meine Medikamente so teuer sind. Ein Besuch in der Apotheke kostet locker 600 Euro." Das sagt mir eine junge Frau die chronisch krank ist. Dabei hat sie noch Glück! Sie kann ganz gut mit ihrer chronischen Krankheit leben und sie ist nicht schuld daran, dass sie krank wurde. Es kam einfach so.
Dass sie nicht schuld ist, ist gut fürs Gewissen. Wer nämlich gefährlich lebt, soll doch auch bitte die Krankheitskosten selbst zahlen, sagen manche. Wer nicht zu den Vorsorgeterminen geht, soll auch mehr zuzahlen. Deshalb doch besser noch eine Zusatzversicherung.
Dabei ist doch klar: Nicht jede Vorsorgeuntersuchung hält was sie verspricht. Hinzu kommt: Es gibt Leute, die rauchen, wie ein Schlot und werden über 90. Andere haben nie geraucht und bekommen doch Lungenkrebs.
Und trotzdem wird oft so getan, als könnte man für alles und jedes den betreffenden Menschen selbst verantwortlich machen. Das ist ja auch praktisch. Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. Solidarisch muss man da nicht mehr sein.
In der Bibel heißt es: einer trage des anderen Last, damit erfüllt ihr alles, was Jesus geboten hat. Das ist genau das Gegenteil von: Selber schuld und schau mal selber wie Du da wieder raus kommst. Auch wenn das manchmal mehr Mühe macht: Mir ist das lieber. Die Last der anderen mit zu tragen. Solidarisch mit anderen zu sein.
Steuern und Beiträge zu zahlen. Schließlich tragen ja auch ganz viele dazu bei, dass ich dann nicht dumm da stehe, wenn ich krank bin. Und ein schlechtes Gewissen, finde ich, soll keiner haben, der krank geworden ist. Auch wenn es teuer ist.

 

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