SWR2 Wort zum Tag

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Träume begraben. Das gehört - leider - zum Leben dazu. Und es tut verdammt weh. Sich von eigenen Träumen, Wünschen und Hoffnungen verabschieden zu müssen. Zu erkennen: Ich werde kein toller Musiker mehr. Oder: Ich werde es kaum noch schaffen, Japanisch perfekt zu beherrschen. Oder: Mir fehlt die Kraft für eine lang ersehnte Reise. Träume begraben, das muss ich auch, wenn andere sagen: Lass es, das bringts nicht, du kannst das nicht. So was zu hören ist meistens ziemlich bitter und tut weh. Selbst wenn es ehrlich ist. Aber ich glaube nicht, dass damit alles aus ist. Träume begraben, das kann auch heißen: Es ist Platz für Neues, für neue Träume, für lebendige Hoffnungen.
Eine der Ostergeschichten erzählt von solchen begrabenen und neuen Träumen, von gestorbener und auferstandener Hoffnung.
Da kommen einige Frauen zum Grab Jesu. Sie haben sich mit Salben und Cremes ausgerüstet. Und dann auf den Weg gemacht, um den toten Jesus einzubalsamieren. Ihn also endgültig für tot zu erklären. Wenige Tage, nachdem dieser Jesus am Kreuz hingerichtet wurde, sagen die Frauen: Wir müssen uns damit abfinden, dass Jesus nicht mehr am Leben ist, dass er wirklich tot ist. Wir begraben also unsere Träume, die wir hatten. Begraben die Träume von einem neuen, anderen Leben. Und das tun die Frauen auch im wahrsten Sinn des Wortes. Sie steigen in das Grab hinab, eine Höhle, und suchen den toten Jesus. Doch der ist nicht zu finden. Ratlos verlassen die Frauen das Grab. Da wollten sie sich endgültig von ihren Träumen verabschieden. Und dann ist der Tote unauffindbar. Draußen treffen die Frauen dann zwei Männer. Und die fragen sie „Was sucht ist den Lebenden bei den Toten?"
Die Frage übersetze ich so: Warum hängt ihr noch den begrabenen Träumen nach? Warum richtet ihr euch im Tod ein? Macht euch auf und sucht das Leben. Und zwar nicht am Grab. Nicht bei den alten Träumen. Denn die sind tot. Was jetzt zählt sind die neuen Hoffnungen und Träume. Und da gehen den Frauen die Augen auf. Sie erkennen: Es ist etwas zu Ende gegangen. Aber das Leben lässt sich nicht bei den Toten finden.
„Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?" Das finde ich einen hilfreichen Leitsatz für mich selbst. Wenn ich einen Traum begraben muss. Der Satz macht mir Mut. Guck doch, was Neues und Gutes entstehen kann, selbst wenn es auf den ersten Blick anders aussieht. Es gibt Leben jenseits des Todes, jenseits der  beerdigten Hoffnungen. Vielleicht ist noch nicht klar, wie dieses Leben aussieht und was es ist, aber es kann kommen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8057
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