SWR2 Wort zum Tag

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Zu den Frauen der Bibel, die mir wichtig geworden sind, gehört Rut. Es ist ihr unbeirrbares Vertrauen und ihr Mut, die mich beeindrucken. Das Buch Rut im Alten Testament erzählt von ihr und ihrer Schwiegermutter Noomi. Eine der schönsten Freundschaftsgeschichten in der Bibel! Die Jüdin Noomi war mit ihrem Mann und den beiden Söhnen während einer Hungersnot in Betlehem nach Moab gekommen, in der Hoffnung, dort zu überleben. Aber ihr Mann stirbt und nach ein paar Jahren auch die beiden Söhne. Sie hatten moabitische Frauen geheiratet: Rut und Orpa. Die Frauen kämpfen ums Überleben. Ohne Männer, ohne soziale Absicherung war das im alten Orient eine Katastrophe.

Noomi will nach Israel, ihre alte Heimat, zurückkehren, zu Menschen, die sie kennt und in der Hoffnung, dort bessere Lebensbedingungen vorzufinden. Die Schwiegertöchter wollen sie begleiten, sie nicht allein lassen. Noomi aber weiß aus eigener Erfahrung um Heimatverlust, Fremde und Abhängigkeit. Deshalb ermuntert sie beide, dazubleiben, ins Haus ihrer Mütter zurückzukehren, einen neuen Weg ins Leben zu finden,  wieder zu heiraten. Orpa bleibt unter Tränen zurück, Rut verspricht Noomi:
 „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen... Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott."

Das sind starke und entschiedene Worte einer Frau, die verlässlich ist, sich zugehörig und verantwortlich fühlt. Das ist für mich Freundschaft - Treue zum anderen, „eine Grundform der Liebe", wie Fulbert Steffensky sagt.

Warum gibt Rut ihre Identität, ihre Kultur, ihr Volk auf? Sie geht mit Noomi, weil sie liebt. Sie wird Weggefährtin, Freundin, teilt Nähe, Sorge und Not. Sie wagt Ungewöhnliches, überschreitet die Grenze zum Fremden, Unbekannten, bekennt sich zum Gott Jahwe. Sie glaubt und vertraut diesem Gott des Lebens, den sie durch Noomi kennen gelernt hat.

Rut und Noomi sind aufeinander angewiesen, brauchen sich, den gegenseitigen Schutz, um in der patriarchalen Welt zu überleben. Sie handeln mutig und verlassen sich auf das, was Recht und Gesetz in Israel ist: der Schutz von Witwen, Waisen, Fremden und das Recht der Armen, auf den Feldern die Ähren aufzulesen und so ein Auskommen zu haben. Rut gibt später durch ihre Heirat und die Geburt eines Sohnes Noomi Sicherheit und Eingliederung in die Familie.

Diese Geschichte ist für mich eine Mutmachgeschichte. Sie erzählt davon, dass Menschen auch in der Fremde ein Zuhause, Heimat finden können, wenn Verantwortung und Toleranz, Zugewandtheit und Füreinanderdasein gelebt werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8044
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