SWR3 Gedanken

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Rio de Janeiro - eine Stadt zum Träumen: Zuckerhut, Karneval, Samba und die Copacabana. Allerdings auch eine hohe Kriminalitätsrate und Elendsviertel. Sie werfen einen Schatten auf Rio de Janeiro. Die Stadtväter machen sich große Sorgen um das Image der Stadt, vor allem weil zwei Großereignisse vor der Tür stehen: die Fußball WM 2014 und die Olympiade 2016.
Es ist aber Besserung in Sicht. Die Chefs des weltweit größten Farbherstellers haben dem Bürgermeister und dem Gouverneur von Rio eine Idee vorgetragen. Sie wollen eimerweise Farbe spendieren, um die schäbigen Hütten der Favelas etwas aufzuhübschen. Das Anstreichen sollen die Bewohner der Elendsviertel selbst in die Hand nehmen. Den Farbton für ihre Hütte dürfen sie sich natürlich selbst aussuchen.
Die Politiker sind begeistert von der Idee: Rio wird wieder leuchten und die Slumbewohner haben etwas zu tun. Außerdem ist alles kostenlos. Aber auch die Farben-Bosse dürften sich die Hände reiben. Sie wollen für ihre Wohltat nämlich erwähnt werden und kräftig die PR-Trommel rühren. Mit WM und Olympiade kein schlechtes Geschäft.
Man könnte jetzt sagen: eine klassische Win-Win-Situation. Aber für mich hat das Anstreichen der Hütten eher etwas zu tun mit „übertünchen". Oder auch „außen hui, innen pfui". Fast schon zynisch, die Idee mit den kostenlosen Farbeimern. Gegen die wahren Ursachen der Not in den Favelas tun die Politiker und Geschäftsleute nämlich reichlich wenig.
Der Gedanke mit dem Übertünchen ist übrigens nicht ganz neu. Schon in den 50er Jahren hatte jemand die Idee. Damals ist sie im Sande verlaufen. Aber aus dieser Zeit stammt ein Sambatext, der auch heute noch passt: „Ironie des Lebens: einfach ein bisschen Farbe in die Favela, und schon strahlt das Elend hell."

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