SWR3 Gedanken

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Der 40. Geburtstag von Sabine, einer guten Freundin. Spontan trudeln die Gäste zum Kaffeetrinken ein. Bei einem Geschenk wird Sabine etwas nachdenklich. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie ab da den ganzen Nachmittag etwas einsilbiger ist als sonst. Muss wohl an dem Buch liegen, das sie eben ausgepackt hat.
Neugierig werfe ich einen Blick auf den Titel: „1000 Orte die man gesehen haben muss, bevor man stirbt". Das Buch war mal amerikanischer Bestseller und beschreibt die angesagtesten Orte der Welt. Vom Ayers Rock bis zu einem Hotdog-Stand in Chicago.
Ich kann mir schon denken, warum Sabine auf einmal so nachdenklich wurde. Wahrscheinlich ist ihr bewusst geworden, dass es noch so viele Dinge zu sehen gibt auf dieser Welt. Und dass die Zeit dafür immer kürzer wird, egal ob man erst 40 ist. Ich habe mich richtig über das Buch geärgert. Ich finde nämlich, dass sich die Qualität des Lebens nicht an der Anzahl der besuchten Orte entscheidet.
Einige Zeit später sticht mir ein Kalenderblatt ins Auge. Es hat die Überschrift „Einmal im Leben sollte man...". 'Oh nein, nicht schon wieder...´ denke ich. Aber was dann folgt hat nichts mit Torschlusspanik zu tun oder mit der Angst, im Leben etwas zu verpassen.
Da stehen einfach ein paar schöne Ideen, wie man das Leben bewusster wahrnehmen und genießen kann. Zum Beispiel: „... Feuer machen ohne Streichhölzer." oder „...sich in einem Schrank verstecken und lauschen, was draußen passiert." oder „...eine ganze Tafel Schokolade essen ohne schlechtes Gewissen."
Bevor ich das Kalenderblatt bei Sabine in den Briefkasten werfe, schreibe ich schnell noch einen Spruch von Astrid Lindgren drunter und muss selbst ein bisschen dabei grinsen: „Es gibt kein Verbot für alte Weiber, in Bäume zu klettern."

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