SWR3 Gedanken

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Aus dem Knast wollen die meisten eigentlich so schnell wie möglich wieder raus. In Heidelberg will jetzt jemand rein, und zwar Gott. Das sagen zumindest die Gefängnisseelsorger. Sie haben zusammen mit einer Fotografin und einigen Inhaftierten das Projekt „Gott im Gefängnis" verwirklicht.
Ein Jahr lang haben sie sich getroffen, um über ihre Lebensgeschichten zu berichten. Der 39jährige Nail zum Beispiel erzählt in der Runde von seiner Drogensucht, die ihn immer wieder einholt.
In den Gesprächsrunden haben sie versucht, ihre Erfahrungen mit Geschichten aus der Bibel zu verknüpfen. Nail findet, dass sein Kampf gegen die Drogensucht an den Kampf Jakobs mit Gott erinnert.
Die Fotografin Gülay Keskin hat in einem nächsten Schritt mit den Gefangenen schwarz-weiß Fotos inszeniert. Das Foto, auf dem Nail drauf ist, zeigt ihn, wie er in einem Gefängnisgang mit einem Kollegen ringt.
Das Projekt „Gott im Gefängnis" ist eine Ausstellung geworden. Überdimensionale Fotos mit beeindruckenden Texten, von den Häftlingen selbst verfasst. Nail hat zu seinem Foto geschrieben: „Jakobs Kampf gegen Gott findet im Kopf statt. Es ist ein Ringen mit sich selbst und den eigenen Schwächen."
In den wöchentlichen Treffen wurde deutlich, dass die meisten Inhaftierten nicht nur Täter sind, sondern selbst auch etwas durchmachen. Viele leiden unter Einsamkeit. Bei manchen sind Beziehungen zerbrochen. Und für einige ist es schwer, ihre Schuld auszuhalten.
Ist Gott nun in das Heidelberger Gefängnis reingekommen? Der Gefängnisseelsorger Peter Stetzelberger ist überzeugt davon. Er sagt: „Gott sieht in den Menschen mehr als die Summe ihrer Taten. Seine Vergebung ist nicht an Bedingungen geknüpft."
Diese Haltung wird für manche Gefangenen gerade im Gefängnis erlebbar. Einer sagt: „Im Gefängnis habe ich zum ersten Mal Menschen getroffen, die freundlich zu mir waren, einfach hilfsbereit." Und der 29jährige Ahmed hat unter sein Foto geschrieben: „Ich rufe mir immer wieder ins Gedächtnis, Gott ist überall, auch im Gefängnis."

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