SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

In den Lesebuchgeschichten von Wolfgang Borchert fand ich diesen Text:
„Als im Jahre 5000 ein Maulwurf aus der Erde rausguckte, da stellte er beruhigt fest:
Die Bäume sind immer noch Bäume.
Die Krähen krächzen noch.
Und die Hunde heben immer noch ihr Bein.
Die Stinte und die Sterne,
das Moos und das Meer
und die Mücken:
Sie sind alle dieselben geblieben.
Und manchmal -
manchmal trifft man einen Menschen.“
Was bei Borchert der Maulwurf im Jahr 5000 beruhigt feststellt – „manchmal - manchmal trifft man einen Menschen“ – das beunruhigt mich über alle Maßen. So sehr wie die verwandten Krisenprophezeiungen unserer Tage: Der Klimawandel sei unaufhaltsam. Wüsten sollen wachsen, Polkappen schmelzen, Fluten und Orkane ganze Landstriche bedrohen.
Wie erreichen diese düsteren Prognosen mein Herz und meine Seele? Sie lassen mich nicht kalt. Ich rebelliere innerlich und ich frage mich: Stimmen sie überhaupt? Dienen sie der Aufklärung oder der Lähmung? Befördern sie nur den Fatalismus: „Es ist zu spät, man kann nichts machen“?
Mehr noch empören mich die Zukunftsvisionen, die - damit verbunden - die Runde machen: entvölkerte Kontinente, der Umzug auf einen anderen Planeten, das denkbare Ende der Gattung Mensch. Es heißt: Arten kommen und vergehen - das sei einfach ein weiteres Kapitel der Evolution.
Für mein Empfinden sind das zynische Visionen von Zukunft.
Mich verletzten sie. Sie verletzten meine Vorstellung von der Würde des Menschen und der Schönheit dieser Schöpfung. Ja, sie beschädigen darin meinen Glauben an den Gott der Bibel. Kein einzelner Mensch darf kalkuliert abgeschrieben werden, geschweige denn ganze Völker und Kontinente. Es gibt andere Wege, heraus aus den von Menschen gemachten Bedrohungen. Nahrung und Energie können anders erzeugt und verteilt werden – ohne dass die Zwiebeln und Salatköpfe einmal um die Welt fliegen, ohne dass fossile Brennstoffe über Kontinente hinweg transportiert werden müssen.
Borchert wollte mit seiner kurzen Lesebuchgeschichte ein „NEIN!“ provozieren - gegen Krieg und Verwüstung.
Mein „Nein!“ – mein Denken und Tun - braucht eine geistige Quelle. Darum bete ich manchmal:
Gütiger Gott,
Du bist der Gott, auf den ich hoffe.
Du hast keine Lust an der Selbstzerstörung deiner Geschöpfe.
Öffne meine Augen für Deine Weisungen!
Erfülle mich mit deinem Heiligen Geist,
dem Geist der Liebe und der Wahrheit.
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