SWR2 Wort zum Tag

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„Häufig habe ich Todesdrohungen erhalten. Ich muss aber sagen: Als Christ glaube ich nicht an einen Tod ohne Auferstehung. Wenn sie mich töten, werde ich im Volk von El Salvador wiedererstehen. Das sage ich in größter Aufrichtigkeit." Sätze aus seinem letzten Interview, zwei Wochen vor seiner Ermordung. 30 Jahre ist es her, dass Oscar Romero brutal ermordet wurde. Als Erzbischof seines Landes hatte er sich immer entschiedener eingesetzt für die Armen und Ärmsten im Land. Er hatte Unrecht beim Namen genannt, er hatte klar zwischen Opfern und Tätern unterschieden.
Oscar Romero hat den Tod nicht gesucht, er war lebenslustig und voller Tatkraft. Aber er ließ sich nicht kompromittieren. Er hatte keine Angst, Renommé oder Ansehen zu verlieren. Wie oft ist diese Angst vor dem Nichts der Grund, dass es an Widerstandskraft fehlt mitten im Alltag. Warum denn mangelt es an Zivilcourage und Stehvermögen, warum denn sonst die vielen faulen Kompromisse und Halbherzigkeiten? Oscar Romero war da anders, aus dem Osterglauben gewann er jene Freiheit, die sogar den eigenen Tod relativiert. Auferstehung war für ihn nicht nur ein Wort für irgendein Jenseits, es machte ihn aufständisch hier und jetzt schon, widerständig gegen jene, die aus Gewinnsucht und Machtgier Elend und Verelendung verbreiten.
Romeros Solidarität mit den Ärmsten der Armen ist ein lebendiger Kommentar zur Passion Jesu. Warum ist denn Jesus nach Jerusalem gegangen, warum hat er sich eingemischt? Aus denselben Gründen wie sein Nachfolger Oscar Romero, und so viele sonst. Und Jesus geht mitten hinein diese Welt, die er kritisiert. Für ihn war das der Tempel in Jerusalem. Dieser war ja nicht nur das Allerheiligste und ein Ort des Gebetes. Es war auch das Zentrum politischer Macht und vor allem das Depot für den Tempelschatz, das Staatsvermögen. Wir könnten sagen Bundesbank, Kathedrale und Regierungssitz in einem. Mitten hinein in dieses Machtgebilde geht der unbekannte Prophet aus Nazaret. Und provoziert: „Dieser Tempel wird zusammenkrachen wie nichts," sagt er, „und ich werde ihn in drei Tagen wieder auferbauen." Wie bei Romero ist es bei seinem Herrn die Gottesleidenschaft, die ihn umtreibt: Das perverse Gemisch von Eigensucht, Machtgier und Intrige hat für Jesus keine Zukunft. Der Tempel soll ein Haus des Gebetes sein. Wo die Liebe Gottes für alle Menschen gewürdigt wird, da entstehen gerechte Verhältnisse und da wird es mitmenschlich. Oscar Romero musste frühzeitig sterben, Jesus musste allzu früh sterben. Aber die Kraft seiner Auferstehung ist wirksam seit 2000 Jahren.

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