SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

07APR2010
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Als Zeichen des Neuanfangs haben sich die ersten Christen nach ihrer Taufe weiße Kleider angezogen, die sie eine Woche lang getragen haben. Ich finde es eine schöne Symbolik, dass sie diese Kleider eine Woche lang getragen haben. Denn nach meiner eigenen Erfahrung mit weißen Blusen und Hosen und den Versuchen, sie nur halbwegs sauber über einen Tag zu retten, weiß ich: diese weißen Kleider der Täuflinge dürften nach sieben Tagen nicht mehr ganz weiß gewesen sein. Sich wie neugeboren fühlen durch die Taufe heißt offensichtlich nicht, von nun an unbefleckt durchs Leben gehen zu können. Störfälle wird es immer geben. Darüber kann ich mich ärgern, ich kann es aber auch tröstlich finden. Sie zeigen mir, dass ich es nicht alleine schaffe, es aber auch nicht alleine schaffen muss. Denn die Flecken auf den weißen Kleidern der Täuflinge machen die Taufe nicht ungültig. Sicher, auch die frischgetauften Christen hätten sich lieber eine Woche lang rein weiß gezeigt. Scheiternd entdeckten sie:

Auch nach der Taufe wird sich Gott von keinem Fleck, von keinem Schatten, von keinem Schmutz abhalten lassen, seine Menschen zu lieben.

Wenn ich mich gräme über das, was mein Lebenskleid verdreckt, dann kann ich mir das manchmal gar nicht vorstellen, das Gott mich liebevoll ansieht. Am liebsten möchte ich schrubben und waschen bis nichts mehr zu sehen ist. Das funktioniert schon bei manchen Flecken auf meiner Bluse nicht, erst recht dann nicht, wenn ich meine, ich könnte aus eigener Kraft klinisch rein mit meinem Lebenskleid vor Gott dastehen. Ich kann es versuchen - schon größere Geister als ich sind daran gescheitert.

Wir Menschen mit unseren Taufkleidern voller Flecken und Schmutz, wir sind darauf angewiesen, dass er uns erträgt mit unserem Dreck und unserem Leben, das tatsächlich keinem Reinheitstest standhält. Was mich tröstet ist: Auch im schmutzigsten Taufkleid findet sich noch ein Rest Weiß. Und selbst wenn wir es nicht so wahrnehmen können wird es Gott für uns entdecken, mit seinem Blick der Liebe. Wo ich nur grau und dreckig sehen kann, wo ich mich schäme über jeden Fleck, da sieht er den winzigsten weißen Rest. Und manchmal wird mir, im Rückblick, klar, dass dank Gott selbst die Flecken auf meinem Lebenskleid durch seinen liebevollen Blick einen Sinn gewinnen können. So mancher dunkle Schatten hilft mir andere Menschen zu verstehen, die gerade unter solch einer Dunkelheit leiden. Und jeder Dreckspritzer ist eine Lebensversicherung gegen Arroganz.

Mein Taufkleid, nach vielen Jahren ist es nicht mehr weiß. Doch ich trage es mit Stolz und Freude, denn es ist lebendiges Zeichen dafür, dass nichts mich trennen kann von der Liebe Gottes.

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