SWR3 Gedanken

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Conrad ist auf der Suche. Er hat da so eine unbestimmte Sehnsucht nach mehr. Gott? Vielleicht. Also macht er sich auf, fährt nach Indien. Er erhofft sich, dort echte Spiritualität zu finden, einen richtigen Heiligen, der ihm sagen kann, was wahr ist und was nicht.

Und jetzt steht Kalkutta doch glatt unter Wasser. Eine riesige Überschwemmung hat Kalkutta heimgesucht. So hoch steht die Flut, dass Conrad sich einen Lastwagen mieten muss, um bis zu jenem Vorort von Kalkutta zu gelangen, jenem Vorort, in dem ER wohnt, ER, - laut Conrad - einer der größten Heiligen Indiens. Nein, DER größte Heilige Indiens. Jedenfalls, der größte lebende Heilige.

Selbst in Indien sieht man das so, sagt Conrad. Der grösste Heilige Indiens wohnt also in einem Vorort von Kalkutta. Ohne Tempel, ohne Jünger. Zwischen Luxusvillen und Slumhütten ganz allein in einer kleinbürgerlichen Wohnung. Knietief im Wasser vor der Haustür steht nun Conrad. Der Heilige wundert sich sehr und empfängt Conrad mit einer Frage: „Was fährst du hier mit einem Lastwagen in Indien herum?"

Conrad ist auf der Suche nach Gott; was also soll er ihm antworten? „Ich suche Gott," stammelt er verlegen. Mit einem breiten, fast kindlich scheuen Lachen lacht der Heilige Conrad aus:

„Um Gott zu finden, brauchst du doch keinen Lastwagen. Du brauchst überhaupt nicht in Indien herumzufahren. Gott ist im Westen wie im Osten. Fahr heim und such Gott in deiner eigenen Welt. Es gibt im Westen echte Heilige genug."

Conrad macht sich nach ein paar Tagen beim Heiligen wieder auf den Weg nach Hause. Und er sucht weiter. Sucht im Westen nach „unseren" Heiligen, nach „unseren" Vorbildern im Glauben. Und er hat eine Unmenge gefunden:

Theresia von Avila, Dietrich Bonhoeffer und viele andere. Hat er auch Gott gefunden? Er ist auf dem Weg.

 


[1] Hans Conrad ZANDER « Die emanzipierte Nonne - Gottes unbequeme Freunde » 2. Auflage 2007.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7912
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