SWR3 Gedanken

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„Fünfzehn Minuten Menschlichkeit - das ist doch das Mindeste, was man einem Menschen am Ende noch geben kann." Die Pfarrerin aus Mannheim guckt mich offen und ernst an.

Sie erzählt mir vom Alltag obdachloser Menschen in Mannheim. Niemand will sie in der Stadt haben, niemand will sie dort sehen - und doch sind sie da und haben Probleme, denn gerade in der kalten Jahreszeit ist es besonders schlimm. Gewiss, Diakonie und die Caritas versuchen, ihnen zu helfen. Sie auf Behördengänge zu begleiten, für das Nötigste zu sorgen.

 

Aber was ist, wenn sie sterben? Wer kümmert sich dann um sie? Und dann erzählt sie, wie das ist, wenn sie als Pfarrerin diese obdachlosen Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet. Manchmal sind bei diesen Beerdigungen Freunde, Bekannte oder Familienangehörige da. Manchmal kommt aber auch niemand. Dann steht sie ganz allein vor dem Sarg, betet zu Gott, singt ein Kirchenlied, hält inne, um diesem einen Leben zu gedenken.

 

„Auch wenn niemand kommt und ich allein vor dem Sarg stehe", sagt sie und guckt mich eindringlich an, „Jeder Mensch hat ein Recht darauf, würdevoll beerdigt zu werden. Egal, was jemand in seinem Leben gemacht oder nicht gemacht hat, egal was ein Mensch gewesen oder nicht gewesen ist. Sogar wenn jemand großen Mist gebaut hat, auch dann hat er eine Würde. Deshalb: Fünfzehn Minuten Menschlichkeit - das ist doch das Mindeste, was man einem Menschen am Ende noch geben kann."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7911
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