SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Heute werden Menschen an vielen Orten an die Pogrome gegen Juden am 9.November 1938 erinnern. Für mich ist es jedes Jahr wichtig, an diesem Abend dem nachzugehen: Warum haben Christen – bis auf wenige Ausnahmen - so widerspruchslos den Terror gegen Juden hingenommen? Warum haben die allermeisten Israel – das Volk der Bibel - im Stich gelassen?
Und doch beschleichen mich seit Jahren gemischte Gefühle.
Eine ältere Frau hat sie unlängst auf den Punkt gebracht: „Ihre Generation hat uns doch immer gefragt, warum wir damals geschwiegen haben? Aber wie ist das heute? Wo kriegt denn ihre Generation den Mund auf?“
Versteckt sich meine Generation wirklich hinter der schuldbeladenen Vergangenheit der Vorfahren? Kann es sein, dass der intensive Blick zurück die gegenwärtigen Herausforderungen ausblendet? Wie blicke ich heute – am Gedenktag der Pogrome gegen Juden in Deutschland - auf den Einsatz der Bundesmarine vor der libanesischen Küste?
„Aus historischen Gründen kann sich die Bundeswehr im Nahen Osten nicht militärisch engagieren.“ So argumentierten Kritiker im Sommer gegen den Militäreinsatz. Nach dem deutschen Judenmord dürfe es keine Situation geben, in der deutsche Soldaten auf Israelis schießen.
Aber geht es darum, heute?
Israelis und Libanesen - beide Ministerpräsidenten - Olmert und Siniora, - haben ausdrücklich um deutsche Militärhilfe gebeten. Es ist kein Kampfeinsatz. Es geht vielmehr darum, eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern, den Waffenstillstand zu festigen. Illegale Waffenlieferungen sollen entlang der libanesischen Küste unterbunden werden. Die vom Teheraner Regime mit Waffen unterstützte Hisbollah soll daran gehindert werden, zum einen: Israel weiter mit Raketen zu beschießen - und zum anderen: als Militärmacht im Libanon die Souveränität des Staates auszuhöhlen.
Mit einem internationalen Mandat leisten deutsche Soldaten
einen Beitrag zur Sicherheit Israels und zum Frieden in der Region. Ihr Dienst ist ein Akt praktischer Solidarität. Ich finde, ihr Einsatz ist konsequent, denn heute geht es nicht nur um Bußworte und das Beklagen der Verbrechen der Vergangenheit. Sondern darum: Wege zum Frieden zu befördern - für Israel und seine Nachbarn - mit zivilen Hilfsleistungen und in diesem Fall auch mit militärischer Unterstützung.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=79
weiterlesen...