SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Er soll etwas erfunden haben, was für die Kirche neu war.
Klemens Maria Hofbauer hat jedenfalls damit angefangen,
vor zweihundert Jahren in Wien:
Der Pfarrer geht zu den Menschen hin,
besucht sie in der Familie, in der Wohnung,
spricht dort mit ihnen über den Glauben und über ihre Probleme.
Er tut das, statt nur in der Pfarrei zu sitzen und zu warten,
dass die Leute kommen – zum Gottesdienst, zum Gebet,
um die Predigt zu hören.
Zu den Menschen hingehen – und zwar auch zu den einfachen Leuten:
das war damals jedenfalls eher ungewöhnlich.
Der Hausbesuch war erfunden.
Von Klemens Maria Hofbauer sagt man übrigens,
er sei äußerst impulsiv gewesen; bis hin zu gelegentlichem Jähzorn.
Konnte ungemütlich werden mit ihm.
Immerhin: er kannte diese Schwäche.
„Ja, das ist leider mein Fehler“, hat er mal gesagt.
„Aber ich danke Gott dafür. Es bewahrt mich vor Stolz.
Hätte ich diesen Jähzorn, diesen Fehler nicht:
ich wäre doch versucht, mir selbst die Hand zu küssen aus Respekt vor mir.“
Selbstbewusstsein oder Eitelkeit.
Hofbauer wusste das: Runtersteigen vom hohen Ross,
zu den Menschen hingehen mit der Botschaft von Jesus Christus
statt ruhig abzuwarten, dass die Leute schon kommen werden –
dazu braucht es eben ein gesundes Selbstbewusstsein.
Doch – viele Kirchenleute bemühen sich darum,
auch heute, trotz allem,
was uns gerade skandalmäßig um die Ohren fliegt.
Obwohl sie inzwischen nur noch so wenige sind. –
Aber gut, dass es heute auch schon wieder neue Wege gibt:
Internet-Community statt Hausbesuch –
das wäre erst mal noch ein bisschen übertrieben.
Klemens Maria Hofbauer, der gestern Namenstag hatte,
der hätte es wohl versucht
und seine Leute eben auch im Internet getroffen.
Jedenfalls die, die inzwischen online zu Hause sind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7893
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