Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wer war eigentlich der erste Christ im Himmel?“ Ich sitze mit den Kindern auf dem Boden in der Kirche. Vor uns haben wir aus Schuhkartons den Hügel mit den Kreuzen aufgebaut. Und wie ich so über das Sterben und die Auferstehung Jesu rede, unterbricht mich ein kleines Mädchen und fragt: „Wer war eigentlich der erste Christ im Himmel?“

Während ich nachdenke, bringen die Kinder schon erste Vorschläge. „Einer der Jünger – sicher Petrus.“ „Nein“, meint ein anderes Kind, „eher Maria und Joseph oder vielleicht Johannes der Täufer.“ „Nö, Paulus“, wirft ein drittes Kind in die Runde. Und bald haben wir all die bekannten Männer und Frauen beieinander, von denen die Kinder im Kindergottesdienst schon gehört haben. „Kinder“, sage ich, „ihr seid alle auf der falschen Fährte. Der erste Christ im Himmel ist ein Verbrecher gewesen – ein Dieb und Mörder“.

Wilder Protest. Ich deute auf die drei Kreuze. Die auf dem Hügel aus Schuhkartons. „Schaut mal Kinder“, sage ich, „Jesus ist nicht allein auf dem Hügel von Golgatha. Er wird mit noch zwei Verbrechern gekreuzigt. Und zwischen den dreien kommt es zu einem Gespräch. Der eine macht sich lustig über Jesus. Weil der so hilflos am Kreuz hängt: „Bist du nicht der Christus, von dem man sagt, du wärst der König der Juden? Hilf dir selbst und hilf uns!“ - „ Ach sei doch ruhig“, fährt ihm der andere über den Mund, „Wir zwei hängen vollkommen zu recht hier am Kreuz. Nach dem was wir alles gemacht haben. Der aber nicht. Er ist unschuldig.“ Darauf antwortet Jesus: „Wahrlich, ich sage dir: Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein.“
Deshalb Kinder ist doch klar: Der erste Christ im Himmel ist dieser Verbrecher gewesen, den man mit Jesus gekreuzigt hat.

Übrigens: In der Ostkirche ist dieser Verbrecher sehr bekannt. Es gibt eine Ikone mit dem Titel: „Der gute Dieb“. Sie zeigt diesen Verbrecher im Himmel– den ersten Christen im Paradies. Warum? Weil er zu seiner Schuld gestanden hat – ohne wenn und aber. Und deswegen hat ihn Gottes nicht alleine gelassen. Er hat ihn sogar geehrt, so dass er als erster Christ in den Himmel gekommen ist.“

Die Kinder finden das toll. Gott steht nicht nur auf der Seite von denen, die alles richtig gemacht haben. Er mag auch die, die etwas falsch gemacht haben, die sogar etwas Schlimmes verbrochen haben. Und er bricht nicht den Stab über sie, sondern bleibt ihnen weiter treu verbunden, wie ein richtig guter Freund.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7889
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