SWR3 Gedanken

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Freiheit - ist für uns in vielerlei Hinsicht selbstverständlich geworden.
Aber wie lernt man Freiheit?
Zwanzig Jahre ist es her, da standen die Menschen in der ehemaligen DDR vor den ersten freien und geheimen Wahlen.
Die künftige Zusammensetzung der Volkskammer sollte über die Zukunft des Landes bestimmen.
In diesem März 1990 war ich zu einem Praktikum in unserer Partnergemeinde in der Uckermark.
Sehr ländlich, zwei Telefone gab es im Dorf, vielleicht auch drei.
Arbeit gab es damals noch in der LPG, der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, die Straßen und Gehwege hatten tiefe Löcher und die Gegend hatte viel Gegend und sonst von allem wenig.
Im einzigen Laden im Dorf gab es im März 1990 noch immer keine leckere Schokolade, kaum frisches Obst und Gemüse und schon gar nicht Käse aus Frankreich, Nudeln aus Italien oder eben Bananen.
Aber nun sollte alles anders werden, auf einmal gab es riesige Plakatwände.
Jeder sollte eine eigene Meinung haben. Oder sich eine bilden. Aber wie? Die Leute hatten nie eine freie Wahl erlebt.
Das sollte nun anders werden. Jeden Tag wurde etwas anders. Jeden Tag verschwanden Nachbarn in den Westen. Irgendwann fuhren keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr.
Und jetzt sollten die Leute wählen. Cordula, die Pfarrerin in diesem Ort, machte jeden Tag Hausbesuche. Und immer wurde sie gefragt, wen sie denn wählen würde und welche Partei denn wohl am christlichsten wäre.
Was bedeutet denn für Sie christlich?
und bei wem sehen Sie das am ehesten?
Hat sie zurückgefragt. Und den Leuten Mut gemacht: Sie können jetzt selbst entscheiden.

Freiheit ist auch anstrengend, hat sie dann immer wieder gesagt.
Und ist mit mir zum nächsten Besuch gegangen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7834
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