SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag


Strahlend steht die kleine Hilde mitten unter anderen Kindern. Willst du auch eine Tomate? fragt sie einen strubbeligen Jungen und hält ihm die rote Frucht entgegen. Dankbar greift die hagere Hand zu, und schell sind die Tomaten verteilt, triefend essen die Kinder. Glücklich geht Hilde nach hause, aber die Mutter ist entsetzt. Es ist Nachkriegszeit, sie sind Flüchtlinge und haben nichts, weniger noch als die anderen. Endlich hat sie mal Tomaten bekommen, und dann verteilt die Tochter sie! Für Hilde war es ein wunderbarer Augenblick gewesen: Endlich konnte sie mal etwas geben, verteilen, in dankbare, strahlende Gesichter sehen.

[Diese Geschichte erinnert mich an das Sprichwort: Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.] Sich mitteilen, etwas geben und schenken ist ein menschliches Grundbedürfnis. Es wird vielleicht durch Geiz verschüttet, oder durch die Angst, zu kurz zu kommen. Aber es steckt eine tiefe Wahrheit darin: was ein Mensch für andere tut, das tut er auch für sich. Kinder spüren das und sind deshalb manchmal von entwaffnender Großherzigkeit. Und wenn man ihnen das nicht ausredet, wachsen sie zu Persönlichkeiten heran, denen man gerne begegnet.

Ich glaube, dass dass Geben etwas Göttliches ist. Menschen, die mit einem fröhlichen Herzen abgeben können, sind Gott nahe - selbst wenn sie vielleicht gar nicht an ihn glauben. Sie haben etwas von seinem Wesen verstanden: Gott gibt. Gott ist prinzipiell ein gebender, ein schenkender, ein sich mitteilender Gott. Nicht das "du sollst" und auch nicht das herrische "Gib her" stehen in der Bibel an erster Stelle. Gottes erstes Wort an den Menschen lautet: Nimm! Von allen Früchten darfst du essen! Und eines der letzten Worte Jesu lautet: Nehmet, esset, das ist mein Leib!

Gott gibt. Er gibt nicht nur etwas, sondern er gibt sich selbst, schenkt sich mir als Gabe.
Was ich bin und habe, ist sein Geschenk. Meine Zeit, meine Kraft, meine Liebe, mein Geld - das alles macht mich reich, wenn ich es weitergebe. Das muss ich sicher mein Leben lang lernen. Aber immer wieder bin ich Menschen begegnet, denen ich so gerne begegnete, dass ich auch so werden wollte, oder wenigstens so ähnlich. Und immer besser konnte ich die Bibel verstehen und einen Gott, der mir die Kinder als Vorbild vor Augen stellt.

Willst du auch eine Tomate? So kann eine Kinderhand zum Wegweiser werden.
Sie zeigt mir den Weg zu einem reichen Leben.
Und den Weg zu Gott, der mir noch mehr als dieses reiche Leben schenkt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7759
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