SWR2 Wort zum Tag

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Es gibt Menschen, für die sind die närrischen Tage die ernsthaftesten des Jahres. Und der Apostel Paulus, da bin ich mir fast sicher, brächte ihnen durchaus große Sympathie entgegen. Denn er schreibt in einem Brief an die Gemeinde in Korinth: Wer unter euch meint weise zu sein, der werde ein Narr, dass er weise werde. Wenn ich diesen Satz so nehme, wie er da steht, heißt das doch: Um so zu leben, dass ich Gott recht bin, habe ich es als Narr leichter als mit allen krampfhaften Versuchen, irgendwelchen Anforderungen anderer an mich zu entsprechen. Wer sich so zum Narren machen lässt, ist, nimmt man Paulus ernst, geradezu weise zu nennen .

Was findet Paulus an diesem Modell des Narren so attraktiv? Warum sagt auch bei uns ein Sprichwort: Kinder und Narren sagten die Wahrheit? In früheren Zeiten gab es an Königshöfen die sogenannten Hofnarren. Von ihnen konnten die Herrschenden hören, was die Leute wirklich dachten. Die Narren konnten sich das freimütige Wort leisten konnten. Und mussten ihren Narrenmut manchmal auch mit dem Leben bezahlen. Die Hofnarren wussten: Es ist gefährlich, ein Narr oder eine Närrin zu sein. Aber sie erfüllten eine unverzichtbare Aufgabe. Weil es ihnen um die Wahrheit ging.

Und um er Wahrheit willen, darf ich mir nicht zu schade sein, mich in diesem Sinn zum Narren machen zu lassen. Nein, ich werde künftig nicht mir der Narrenkappe durch die Welt gehen. Auch bittere Wahrheiten kommen mir meist wohlgesetzt über die Lippen. Und auf ein festes Dach über dem Kopf möchte ich schon gar nicht verzichten. So zu leben wie etwa Franz von Assisi, den seine Zeitgenossen damals einen Narren nannten, das ist kein allgemein gültiges Lebensprogramm. Die Lebensweisheit des Franziskus – sie bestand tatsächlich darin, auf all das zu verzichten, was dem Narrenstand im Wege steht. Sein Vermögen hat er dran gegeben. Und die gesellschaftliche Position, die im von seiner reichen Herkunft her eigentlich offen stand. Leben so wie Franziskus, das kann ich nicht. Aber eine gewisse Narrenfreiheit, die möchte ich mir bewahren. Oder mich zumindest um sie bemühen. Auch wenn das nicht immer ganz einfach ist. Wie das gehen könnte? Indem ich etwa das offene Wort nicht scheue, wo Menschen Unrecht geschieht. Indem ich zumindest den kleinen Aufstand zugunsten der Wahrheit riskiere. Oder mit Narrenmut das Schweigen brechen, wenn sich sonst keiner zu reden traut.

Und Gott, da bin ich mir mit Paulus sicher, hat für die Narren eine besondere Vorliebe. Daran möchte ich mich heute erinnern lassen, wenn mir der eine oder andere Narr über den Weg läuft.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7727
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