Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Eine chinesische Parabel erzählt von einem Brautpaar, das viele Gäste zur Hochzeit einladen wollte, aber selbst zu arm war, sie alle zu bewirten. So teilten sie in der Einladung mit, es solle ein Fest des Teilens werden. Jeder möge bitte eine Flasche Wein mitbringen. Am Eingang des Festsaals werde ein Fass stehen, in das jeder seine Flasche leeren könne. So werde es trotz Armut ein fröhliches Fest werden. Jeder würde die Gabe des anderen trinken und jeder mit jedem froh und ausgelassen feiern können. -
Viele folgten der Einladung in der Erwartung eines besonderen Festes. Doch welch ein Erschrecken, als sie nach dem Eröffnungstoast den ersten Schluck tranken. Es war pures Wasser in den Gläsern.

Das ist eine Geschichte mit einer schlichten, aber klaren Moral: Teilen macht das Leben reich. Wer knausert, lebt nicht nur auf Kosten anderer, er kann sogar ein ganzes Fest vermasseln.
Eine einsichtige Moral, die allerdings an die Grenzen stößt. Denn Nehmen liegt uns offensichtlich immer wieder näher als das Geben. Die Sorge, womöglich den Kürzeren zu ziehen und die Versuchung, dann doch lieber das Beste für sich selbst aus einer Sache zu ziehen, sind meist stärker als die Bereitschaft abzugeben und mit anderen zu teilen.

Auch das Neue Testament erzählt von einer Hochzeit mit Wasser und Wein. Auch dort ist es eine Geschichte des Teilens. Doch wie anders, denn dort gibt es Wein. Reichlich ist er schon geflossen, ein großes Fest. - Doch nun sind die Vorräte erschöpft.
Jesus ist Gast bei diesem Fest. Er geht hin und weist die Diener an, mehrere große Amphoren mit Wasser zu füllen. Und als die Gläser gefüllt werden, ist es Wein. Ausgezeichneter Wein!

Eine wunderbare - ich gebe zu - kaum zu fassende Geschichte. Das Bemerkenswerte: Sie steht am Anfang des Wirkens Jesu. Wie eine Überschrift also: Jesus Christus ist da. Er teilt sein Leben mit uns. So gelingt das Fest des Lebens.

Am Anfang steht damit nicht die Moral, sondern das Geschenk: Wein die Fülle, Gottes Liebe im Übermaß. Zeit zum Feiern, Zeit fröhlich zu sein. - Keiner muss ängstlich horten oder knauserig klammern! Alle dürfen sich an seiner Liebe freuen. –

Ich finde, das sind beste Voraussetzungen für ein gemeinsames Fest.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7663
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