SWR2 Wort zum Tag

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„Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral!“
So sagt es Bert Brecht. Ein provozierender Satz, mit dem er die entlarven wollte, die sich im Elfenbeinturm ihrer moralischen Ideale eingerichtet haben und die Wirklichkeit und Not der Menschen dabei nicht mehr wahrnehmen.
„Fressen“ ist jedoch mehr als nur seinen Hunger zu stillen. Fressen bedeutet, alles gierig in sich hineinzuschlingen. Auch wenn der Bauch dann voll ist, ist die Gier oft nicht gestillt. Im Gegenteil: sie kennt kein genug. Sie läßt keinen Raum mehr für etwas anderes, schon gar nicht für Moral. Denn die Gier kennt kein wir, keine Verantwortung für das Ganze. Welche katastrophalen Folgen das hat, zeigt die derzeitigen Wirtschaftskrise, die am härtesten die Armen trifft– hier bei uns und weltweit. Jeder 6. Mensch auf unserer Welt wird nicht satt. Das Problem ist aber nicht, genügend Nahrungsmittel zu produzieren. Sondern es sind die strukturellen Ungerechtigkeiten zwischen 1. und 3. Welt, die keinen gleichberechtigten Handel zulassen, der Raubbau an den natürlichen Ressourcen, Klimawandel, Korruption, und politische Instabilität. Das „Fressen“ der einen bedingt den Hunger der anderen. Ohne Moral – also ohne Sinn für Gerechtigkeit – wird die Welt immer weiter auseinanderdriften.
Jesus sagt daher: „Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit....“ Es gibt diesen Hunger, wenn einem das Leben vorenthalten wird: Nahrung und Bildung, Arbeit und Gesundheit, Selbstbestimmung. Wenn man um elemantare Menschenrechte betrogen wird. Es gibt diesen Hunger nach Gerechtigkeit aber auch, wenn man genug zum Leben hat. Es ist dann, wenn man so will, ein freiwilliger Hunger, der nicht bei der eigenen Person stehen bleibt. Der Hunger nach Gerechtigkeit verbindet Menschen, satte und hungrige.
Seit vielen Jahren rückt Misereor, das Hilfswerk der deutschen Katholiken, die Situation der Menschen in der 3. Welt in den Blickpunkt. (www.misereor.de) Dieses Jahr sind es die Menschen aus Brasilien, Indien und dem Tschad, die sich für den Schutz ihrer Lebensgrundlagen einsetzen. Der Hunger nach Gerechtigkeit vermag Kräfte freizusetzen. Die Vision einer gerechteren und nachhaltigen Lebensweise lässt neue Ideen entstehen, weil sie verschiedene Menschen und Kulturen in Beziehung bringt.
„Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden.“
Die Fastenzeit will diesen Hunger in uns wecken. https://www.kirche-im-swr.de/?m=7650
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