Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Nichts ist gut in Afghanistan.“ Das hat die evangelische Bischöfin Margot Käßmann in ihrer Neujahrspredigt gesagt. Sie hat dafür wochenlang eine Menge Kritik einstecken müssen. Ein Vorwurf lautet: solche Sätze seien olle Kamellen. So was würden nur „Gutmenschen“ sagen, Leute, die vor der Realität ihre Augen verschließen. Die Position der Bischöfin sei einfach von gestern. Diese Kritik stimmt nicht ganz. Sie ist von vorgestern. Denn die Position von Bischöfin Käßmann steht schon in der Bibel.

Dort ist es der Prophet Jeremia, der seinen Landsleuten in Israel einen Spiegel vorhält. Damals wollten die Leute von Krieg und seinen Gefahren grundsätzlich nichts hören. „alles wird gut.“ Das wollten sie hören. Und: wir haben alles unter Kontrolle.
Jeremia leidet unter diesen Erwartungen. Und unter Leuten, die sie erfüllen. Darum schreibt er: Weh denen, die sagen: „Friede, Friede“ und ist doch nicht Friede. – Für Jeremia gibt es nichts Schlimmeres, als eine „geschönte“ Wahrheit. Eine „Wahrheit“ die keine ist und nur dazu da ist, die ganze explosive Situation unter dem Deckel zu halten.

Und genau darum geht es Bischöfin Käßmann. Nichts ist gut in Afghanistan, solange Menschen sterben. Und deshalb will sie das Gespräch. Wir sollen miteinander darüber reden, was die richtigen Schritte zum Frieden sind.

Die wichtigste Voraussetzung für ein vernünftiges Gespräch ist Wahrhaftigkeit. Wer wahrhaftig sein will, der braucht eine große Portion Vertrauen. Vertrauen in die Verheißung Gottes, dass die Wahrheit uns nicht umbringt, sondern frei macht. Frei macht von dem Zwang, Informationen zurück zu halten, Interessen zu verschleiern. In so einer Debatte auf Augenhöhe darf auch eine christliche Stimme nicht fehlen. Für mich soll so eine christliche Stimme vor allem Mut machen. Erstens soll sie Mut zur Offenheit machen. Keiner soll um sein Ansehen fürchten müssen, wenn er sagt, was er denkt. Zweitens soll sie wie Jeremia Mut zu gründlichen Diskussionen machen. Und drittens soll sie Mut zu christlichen Überzeugungen machen. Denn Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein. Dieser Satz gilt ohne jede Einschränkung.

Nur wenn ein guter Weg zum Frieden gefunden wird, wird es gut sein in Afghanistan.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7622
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