SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken


Eine Woche ist es her, da saßen sie in einer Bank nebeneinander:
Bettler und Banker, Obdachlose und Professoren, Junkies und Manager.
Die Frau mit der zerrupften Jacke und die Frau mit dem Pelzmantel.
Ein Benefizkonzert mit Musik von Mozart, das beste Orchester der Stadt hat es gespielt.
Und über dem Ganzen wehte der Duft von Rosenkohl.

Es ist Januar und in der Kirche ist wieder Vesperkirche.
Jeden Tag kommen über 400 Menschen in der Hoffnung auf ein gutes Essen,
im Vertrauen auf ein gutes Gespräch, suchen Geborgenheit und Verständnis
und Begegnungen über die Grenzen ihrer eigenen Welt hinaus.
Und in der Mitte der Vesperkirche dieses Benefizkonzert.
Da begegnen sich Welten.
Die meisten Gäste der Vesperkirche können sonst nie in ein Konzert,
sie können sich Konzertkarten kaum leisten.
Außerdem:
Wer traut sich schon in die Tempel der Kunst ohne angemessen zu riechen und gekleidet zu sein ohne Haarschnitt und ohne einen passenden wohlsortierten Gesichtsausdruck. Aber hier in den Bänken der Kirche sitzen sie alle eng beieinander.
Hier wissen alle, sie sind eingeladen, alle. Der Klang von Mozart mischt sich mit dem Duft von Rosenkohl, ebenso wie Edelparfum und Schweiß.
Dann wird gesammelt für die Vesperkirche. Viele geben großzügig, manche nur Münzen
eine hält den Korb länger in der Hand als andere
und zuletzt dreht sie einen Knopf ab von der Bluse und wirft ihn hinein.
Der Himmel öffnet sich, die Engel singen und erheben die Herzen
mit Mozart und Rosenkohl und Gott selbst spaziert zur Tür herein
wiegt sich in den Hüften und lächelt breit.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7581
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