Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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28JAN2010
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Heute ist der Gedenktag des „Aquinaten“. Das ist kein Wassermensch aus einem Science Fictionfilm, sondern ein Heiliger, der im 13. Jahrhundert gelebt hat. Besser noch: DER Heilige des 13. Jahrhunderts, denn er gilt als einer der größten Kirchenlehrer der Kirchengeschichte. Die Rede ist von Thomas von Aquin, eben dem „Aquinaten“.
Man muss sich das vorstellen: Als dieser Mann sich Gedanken darüber machte, was die Wahrheit ist, ob Gott sich selbst erkennt oder ob der Mensch freie Entscheidung besitzt,
lebten unsere Vorfahren fast noch in Höhlen, jedenfalls größtenteils nicht viel besser.
Nun ja, manch einer denkt jetzt: Der konnte das wahrscheinlich, weil es ihm an nichts mangelte. Stimmt und stimmt auch wieder nicht. Aus kleinem Landadel stammend, hatte er sicher genug zu beißen, dennoch war seine Familie über die Maßen erzürnt, als er sich entschloss, in den damals noch jungen Dominikanerorden einzutreten. Sie setzen ihn daraufhin ein Jahr im Turm ihrer Burg in Haft. Die Legende sagt, dass ihm sogar eine Dame von „überragender Schönheit“ vor die Nase gesetzt wurde, um ihn von seinem Tun abzubringen. Woraufhin er sie – auch das ist Legende – mit einer brennenden Fackel vertrieben haben soll.
Was der Frau ihr Pech war, war dem Abendland sein Glück.
Denn Thomas war einer der ersten, der konsequent und glasklar Philosophie und Theologie miteinander verband. Anders ausgedrückt: Ihm gelang es, die Theologie in den Rang einer Wissenschaft zu erheben, bei der zur Klärung der Glaubensgeheimnisse die Vernunft herangezogen wurde.
Mir ist schon klar, dass nicht alle das wahnsinnig prickelnd finden.
Aber schadet es, aus unserer oft armseligen Enge und unserem verkapseltem Ich auszubrechen und sich Fragen zu stellen, die nach Sinn und Ziel, Schuld und Treue, Leid und Tod forschen?
Thomas tat`s. Gott sei Dank. An den hat er unerschütterlich geglaubt. Der letzte Grund des Lebens war für ihn kein philosophischer Begriff, sondern der Schöpfer, der die Menschen liebt und den die Menschen wieder lieben können. Drei Monate vor seinem Tod soll er seinen Schreibgriffel weggelegt haben mit der Begründung: „Alles, was ich geschrieben habe, erscheint mir wie Stroh, verglichen mit Gott, den ich geschaut habe.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7570
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