SWR2 Wort zum Tag

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„Die Liebe Christi drängt uns.“ Das steht im Zweiten Korintherbrief in der Bibel. Diesen Satz hat der heilige Vinzenz Pallotti zum Motto seines Lebens und Arbeitens gemacht. Heute vor 160 Jahren ist er gestorben. Pallotti wächst in einer Zeit voller Umbrüche in Rom auf und entscheidet sich, Priester zu werden. Er fühlt sich von Gottes Liebe ergriffen und vorangetrieben. Und er liest in der Bibel den passenden Satz: „Die Liebe Christi drängt uns“. Allen Menschen will er diese Liebe zeigen. Und alle Menschen sind für ihn Zeichen, Fingerzeige der Liebe Gottes. Er sorgt sich um Waisen, Häftlinge und Kranke. Dabei ist Pallotti davon überzeugt, dass man nicht Priester sein muss, um Glauben und Liebe weiterzutragen. Jedes Ebenbild Gottes, jeder Fingerzeig seiner Liebe, eben: jeder Mensch ist dazu fähig und beauftragt. Das zu denken und zu sagen war damals nicht selbstverständlich. So gründete Vinzenz Pallotti neben zwei Ordensgemeinschaften auch eine Vereinigung, in der Menschen mitarbeiten, die nicht im Kloster leben.
Die von Pallotti gegründeten Gemeinschaften bewahren heute noch seine Schuhe auf, ein Bild davon kann man auf ihrer Internetseite sehen. Ausgelatscht und abgelaufen sehen diese Schuhe aus. Wenn man sie anschaut, kann man sich ganz gut vorstellen, wie ein kleiner Mann durch die Straßen Roms von Mensch zu Mensch eilt.
Ein beeindruckender Mann, aber ob ich das so wollte oder könnte? Muss ich natürlich nicht, schließlich bin ich in meinen eigenen Schuhen unterwegs. Aber dass Gott jeden Menschen liebt, davon bin ich doch überzeugt. Und wie Pallotti meine ich auch, dass jeder dazu beauftragt ist, die Menschen Gottes Liebe spüren zu lassen. Aber das fällt doch sehr viel leichter, wenn ich diese Liebe vorher tatsächlich auch erlebt und selber gespürt habe, durch andere Menschen oder im Gebet. Und wenn ich es zulasse, dass Gott mich liebt. Das ist für mich das Schwierigste an der Sache, wo ich mit mir doch so unzufrieden bin. Ich traue Gott nicht so ganz zu, dass er meine Fehler und Schwächen in seine Liebe einschließt. Dann drängt mich die Liebe Gottes nicht, dann erlebe ich sie eher als bedrängend.
Mein Verstand weiß: Die Liebe, mit der Gott auf die Menschen zugeht, will von uns weiter getragen werden. Damit ich das leichter kann, damit die Liebe Christi mich bewegt, muss ich mir ab und zu Sätze auf der Zunge zergehen und ins Herz dringen lassen, wie Gott sie dem Volk Israel durch den Propheten Zefanja sagen lässt: „Der Herr freut sich und jubelt über dich, er erneuert seine Liebe zu dir. Er jubelt über dich und frohlockt.“
Johannes Varelmann aus Wertheim von der katholischen Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7558
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