SWR3 Gedanken

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An der Weihnachtskrippe meiner Kindheit waren sie die schönsten Figuren. In leuchtenden Farben sorgfältig bemalt, mit prachtvollen Gewändern und goldenen Kronen auf dem Kopf. Dabei wissen wir nicht einmal, wer sie eigentlich waren. Ja, nicht einmal genau, ob sie überhaupt gelebt haben. Mehr noch: Selbst die Bibel sagt nichts von drei Königen, deren Tag wir heute feiern. Nur in einem einzigen, kurzen Bibeltext ist von Magiern oder Sterndeutern die Rede, Astrologen würden wir heute sagen, die einen besonderen Stern entdeckt hatten. In der Frömmigkeit des Volkes jedenfalls haben unsere Sterndeuter im Lauf der Jahrhunderte eine beeindruckende Karriere gemacht. Sie haben die Phantasie beflügelt, so wie meine kindliche damals an der Weihnachtskrippe. Bis heute ranken sich unzählige fromme Geschichten um diese unbekannten Männer aus dem Orient. Schon bald machte die Legende sie zu Königen. Auch glaubte man zu wissen, dass es drei waren, wegen der drei Geschenke, die sie an die Krippe mitbrachten. Im 13. Jahrhundert schließlich bekamen sie noch ihre Namen, die sie bis heute im Volksmund haben: Caspar, Melchior und Balthasar.
In die Weihnachtsgeschichte überhaupt hineingekommen sind sie freilich nur, weil sie einen Stern haben aufgehen sehen. Gut möglich deshalb, dass ihre Geschichte sich eng verknüpft mit einer anderen antiken Vorstellung: Dass nämlich bei der Geburt jedes Menschen ein Stern aufgeht. Und für ganz besondere Menschen eben ein ganz besonderer Stern. Einer, für den sich Kundige sogar von weit her auf den Weg machen. Auch wenn wir genau wissen, dass das wissenschaftlich unhaltbar ist, mag uns das Bild dennoch bis heute faszinieren. Die Vorstellung, dass jedem und jeder ein Stern leuchtet. Jedem und nicht nur den großen Sternen, den Stars, wie wir sie nennen. Dass also jeder, um im Bild unserer Sterndeuter zu bleiben, nicht nur hier sein Leben meistern muss, sondern auch im Himmel nicht vergessen ist.
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