SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken


Es ist in Frankreich ein kleiner Skandal, Bürgermeister zu sein und sich zum evangelischen Glauben zu bekennen. Jean Crespin ist genau das: Bürgermeister in einem kleinen Ort namens Gençay und evangelisch.

Nun muss man wissen: Frankreich ist eigentlich auf ganz christlichen Grundwerten auf-gebaut: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit - die Prinzipien der französischen Revolu-tion, haben eigentlich einen christlichen Ursprung. Sie basieren auf dem christlichen Ge-bot der Nächstenliebe.

Der französische Staat hat sich trotzdem die Laizität zum Prinzip gemacht. Laizität, das ist die strikte Trennung von Staat und Kirche.

Damit will der Staat sicherstellen, dass alle Religionsgemeinschaften gleich behandelt werden. Deshalb ist es in Frankreich üblich, dass Religion im öffentlichen Leben möglichst keine Rolle spielt. Religion gilt hier als Privatsache. Darüber könnte man streiten, aber in Frankreich wird darüber nicht gestritten. Im Öffentlichen Leben darf Religion keine Rolle spielen und deshalb darf auch ein Bürgermeister sich auf keinen Fall öffentlich zu seinem Glauben bekennen.

Deshalb muss sich der Bürgermeister Jean Crespin immer wieder rechtfertigen: Sein Amt übe er strickt laizistisch aus, er verhalte sich natürlich neutral gegenüber allen Religionen und Kirchen, er nähme niemals an einer religiösen Feier im Rahmen seines Amtes teil.

Und doch sagt er: „Eigentlich habe ich bei den christlichen Pfadfindern all das gelernt, was mich heute als Bürgermeister ausmacht: tolerant zu sein, autonom und verantwortungsbewusst, anderen zuhören zu können, gemeinsam, mit anderen Entscheidungen zu treffen und sie dann natürlich umzusetzen. Das macht doch einen guten Bürgermeister aus, oder?“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7467
weiterlesen...