SWR2 Wort zum Tag

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Hat Glauben etwas mit Geld zu tun?
Doch. Damit, wie Glaube seine konkrete Gestalt findet.

Ehrlich entsetzt schaute mich einer meiner Schüler aus der 12. Klasse an, als wir vergangene Woche im Unterricht das Thema Kirchensteuer behandelten: Das glaub ich nicht, sagte er, dass Glauben etwas mit Geld zu tun haben soll.
Die Bibel ist da anderer Auffassung: Glaube hat auch mit Geld, mit dem rechten Umgang damit zu tun. Das wird hörbar in den kritischen Prophetenstimmen der biblischen Tradition über den unrechtmäßigen oder unsozial gelebten Reichtum. Das wird erkennbar in den scharfen Worten Jesu über die Versuchung, zwei Herren dienen zu wollen, Gott und dem Mammon.
Ohne Geld geht es nicht: Womit die Kirchen heizen, damit Gottesdienste stattfinden? Mit was das Personal in den Kindergärten bezahlen? Und wie die kleinen Handreichungen der Diakonieschwester abrechnen, die zu den Selbstverständlichkeiten gehören, aber von der Pflegeversicherung nicht finanziert werden?
Die Zeiten, in denen die Pfarrer, besser gesagt: die Pfarrfrauen, noch ihr täglich Brot aus den Pfarrgärten gewannen oder die Gemeindeschwester mit Naturalien für ihre Dienste bezahlt wurde, sind lange vorbei. Das ausdifferenzierte Angebot der Kirchen, hoch professionell, mit gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in entsprechend ausgestatteten Einrichtungen, mit vielen Immobilien, die genutzt, verwaltet, gepflegt werden müssen – all das geht natürlich nicht mehr ohne Geld.
Die ideale Gemeinschaft der ersten Christen, die alles miteinander teilte, die sich gegenseitig versorgte, allenfalls ihr Almosenwesen organisierte und für Gottes Lohn Gutes tat – sie ist längst vergangen, nicht mehr realisierbar in unserer Industrie- und Leistungsgesellschaft.
Gottesdienste, Angebote für Kinder und Jugendliche, Dienste für alte und kranke Menschen, um nur einige Bereiche kirchlicher Arbeit zu nennen - für all das braucht es Geld. Den Haushalt unserer Kirchengemeinde bringen wir auf über je ein Drittel Kirchensteuereinnahmen, ein Drittel Spenden und Opfer und ein Drittel Einnahmen wie zum Beispiel Vermietungen und Teilnahmebeiträge bei bestimmten Angeboten.
Aber, und das war wohl die Frage meines Schülers, führt all das auch zum Glauben, ist das Ausdruck gelebten Glaubens?
Ich hoffe es. Ich wünsche mir, dass wir in den Kirchen diese sehr kritische Frage nicht aus dem Blick verlieren, und dass diese äußeren Rahmenbedingungen, die zu organisieren Zeit und Kraft und Öffentlichkeitsarbeit kostet, dem Glauben nicht im Weg stehen.
Denn da hat er schon recht: Der Glaube selbst hat nichts mit Geld zu tun. Er ist ein Geschenk. Aber er hat damit zu tun, wie Menschen mit Gut und Geld umgehen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=745
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