SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Hat Glauben etwas mit Freiheit zu tun?
Unbedingt. Glauben befreit zum Denken und zum Handeln.

„Es ist etwas sehr Großes, ein freies Herz zu haben!“ Martin Luther könnte diesen Satz gesagt haben. Aber er wird Teresa von Avila zugeschrieben, auch sie eine Kirchenlehrerin des 16. Jahrhunderts, geboren 1515, zwei Jahre vor dem Thesenanschlag Luthers in Wittenberg. Der Reformator Martin Luther im sächsischen Wittenberg und die Karmeliternonne Teresa aus dem spanischen Avila vertraten beide den Gedanken der christlichen Freiheit in einer Weise, die starke Impulse setzte für die Reform der unfrei gewordenen Christenmenschen in der Kirche ihrer Zeit.
Das war verbunden mit einer Neu-Justierung ihrer Person, mit Krisen und Schmerzen, mit einer veränderten Wahrnehmung des Lebens, der Welt, ihrer selbst. Für sie ist Altes zerbrochen, sie haben sich von Abhängigkeiten frei gemacht, und sie haben innere Würde und Kraft wieder gefunden.
Teresa von Avila war berühmt für die geradezu entwaffnende Unbekümmertheit, in der sie mit den Bedeutenden und mit den weniger Bedeutenden Ihrer Zeit umging. Desasimiento, sinngemäß: Ergebenheit in Gott und Zugewandtheit zum Leben. So hat sie ihre innere Einstellung, ihre Freiheit, beschrieben.
Nach ihrem Tod hat man die Worte gefunden, die sie wohl für sich selber aufgeschrieben hatte: „Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken - alles vergeht, Gott bleibt derselbe. … Wer Gott besitzt, dem kann nichts fehlen. Gott nur genügt.“
Sie bringt damit eine Erfahrung auf den Punkt, die zum Kern des biblischen Gottesglaubens gehört: Im Vertrauen auf Gott vergeht Angst. Solches Vertrauen trägt und macht frei. Wer so denkt und fühlt, erfährt: Es ist etwas sehr Großes, ein freies Herz zu haben.
Ihr Fast-Zeitgenosse Luther hat darüber sein wahrscheinlich schönstes Buch geschrieben: Von der Freiheit eines Christenmenschen. In dieser Schrift legt er dar, dass der Anfang der Freiheit das Vertrauen, der Glaube ist. Der Glaube schenkt dem Christenmenschen ein freies Herz. Nicht deshalb, weil ihm nichts mehr wichtig ist und er sich losgesagt hat von allem, sondern, umgekehrt, weil er sich gebunden hat: an Christus. Und darum ein freies Herz haben kann gegenüber allem, was ihn in Bindungen und Gefangenschaften, in Sachzwänge und Denkverbote, in gesellschaftliche Verpflichtungen und soziale Abhängigkeiten führt.
„Es ist etwas sehr Großes, ein freies Herz zu haben.“ Der Glaube ist etwas für Menschen, denen daran liegt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=744
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