SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Zwei Namen hat der heutige Tag. Fest der heiligen drei Könige, kurz: Dreikönig – und Epiphanie: Erscheinung. Gemeint ist damit Erscheinung des Herrn, Erscheinung Gottes in Jesus vor aller Welt. Und die beiden Namen zusammen beschreiben recht gut, was es da heute zu feiern gibt.
Erscheinung des Herrn lautet der ältere Name. Und er spricht davon, was Gott tut: dass er sich zeigt, dass er da ist und sich von der Welt, von uns Menschen erkennen lässt, finden, zumindest erahnen. Und der Name Dreikönig spricht von der menschlichen Seite, davon, dass da welche einen Stern sehen, ihm folgen auf langen, weiten Wegen und schließlich in einem neugeborenen Kind Gott finden, ihm sogar Gaben bringen: Gold, Weihrauch, Myrrhe. Von den vier Evangelien erzählt nur das Matthäusevangelium von diesen Besuchern, den „Weisen aus dem Morgenland“. Nichts darüber, wie viele es sind, wie sie heißen und aus welchen Ländern sie kommen
Die Geschichte hat von Anfang an die Menschen beschäftigt und angeregt. Aus den Weisen wurden Könige, sie bekamen Namen: Caspar, Melchior und Balthasar. Einen von ihnen stellte man sich als Farbigen vor, und damit wurden die drei zu Symbolen der Weltvölker. Die ganze Welt sucht den menschgewordenen Gott, das Licht der Völker, dachte man sich, und umgekehrt: in Jesus zeigt sich Gott allen Menschen – Epiphanie, Erscheinung vor allen Völkern.
Im Mittelalter ging man sogar noch weiter: In einer Legende über den Apostel Thomas wird erzählt, dass der in das Land kam wo die heiligen Drei Könige wohnten und sie dann auch noch getauft hat. In der Nikolaikirche in Wismar ist das köstlich dargestellt: wie die drei - zwei weiße mit langen Bärten und ein Farbiger ohne Bart - nackt mit gefalteten Händen in einem Taufbecken knien und die Taufe empfangen, und dabei natürlich, damit man sie erkennt, ihre Kronen aufhaben. Im Hintergrund sieht man sie dann noch einmal, wie Thomas ihnen anstelle ihrer Kronen Bischofsmützen aufsetzt. Drei Königsszepter liegen schon am Boden, dafür stehen drei Bischofsstäbe bereit. Da hat man sich dann natürlich weit von der biblischen Botschaft entfernt.
Der Theologe Karl Rahner, ein Mensch des 20. Jahrhundertsist da wohl wieder näher dran. Er hat sein Leben lang Gott gesucht, als Wissenschaftler und mit seinem Herzen, und dabei offensichtlich große Sympathie empfunden für die Gottsucher aus dem Orient. Liebevoll hat er ihren Weg beschrieben:
„Siehe, die Weisen haben sich aufgemacht. Denn ihr Herz ist zu Gott gepilgert, als ihre Füße nach Betlehem liefen. Sie suchten ihn, aber er führte sie schon, da sie ihn suchten...
Sie suchen ihn, das Heil, im Himmel und im Herzen. In der Stille und bei den Menschen.... Sie sehen einen Stern seltsam am Himmel emporsteigen.... Sie gehen verschlungene Pfade, aber in Gottes Augen ist es der gerade Weg zu ihm, weil sie ihn in Treue suchen. Es wird ihnen bange, so fern der Heimatlichkeit des Gewohnten zu sein, aber sie wissen, alle müssen wandernd sich wandeln und immer wieder ausziehen, um die Heimat zu finden, die mehr ist als ein Zelt am Pilgerweg....
So wandern sie. Der Weg ist weit - die Füße oft müde – das Herz oft schwer und verdrossen... Sie wissen selbst nicht, woher der Mut und die Kraft immer wieder kommen, die nicht aus ihnen sind, die immer nur gerade reichen, die aber auch nie ausgehen......
So erzählt Karl Rahner den Weg der Drei Weisen zur Krippe. Und dann spricht er seine Zuhörer direkt an:
Laßt auch uns auf die abenteuerliche Reise des Herzens zu Gott gehen! Laßt uns laufen! Laßt uns vergessen, was hinter uns liegt. Es ist noch alles Zukunft. Es sind noch alle Möglichkeiten des Lebens offen, weil wir Gott noch finden, noch mehr finden können....
Und zu sich selbst sagt er: „Verzage nicht: Der Stern ist da und leuchtet. Sag’ selbst: Steht der Stern nicht still am Firmament deines Herzens? Er ist klein? Er ist fern? Aber er ist da....
Warum schiebst du selbst die Wolken vor den Stern? Die Wolken der Verdrossenheit, der Enttäuschung, der Bitterkeit des Versagthabens?... Gib die Wehr auf: Der Stern leuchtet!
Brich auf, mein Herz, und wandre! Es leuchtet der Stern. Viel kannst du nicht mitnehmen auf den Weg. Und viel geht dir unterwegs verloren. Laß es fahren. Gold der Liebe, Weihrauch der Sehnsucht, Myrrhe der Schmerzen hast du ja bei dir. Er wird sie annehmen.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7426
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