SWR3 Gedanken

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Am zweiten Weihnachtstag bin ich
nie wirklich gerne in die Kirche gegangen.
Na klar: da gab es noch die Geschenke auszuprobieren,
vielleicht war’s trocken und das neue Fahrrad durfte raus …
Und außerdem: nach Christmette und Weihnachts-Hochamt,
da sollte es am zweiten doch wohl genug gewesen sein!?
Ein bisschen später hatte ich dann etwas gelernt:
Es gibt eben Feste im menschlichen Leben,
die wären viel zu schnell vorbei, wenn man sie nur einen Tag lang feiert.
Ostern und Pfingsten, eine richtige Hochzeit
oder ein großer runder Geburtstag: Das braucht mehr als einen Tag.
Und das gilt für Weihnachten ja wohl erst recht.
Aber meine Unlust am zweiten Weihnachtstag blieb.
Und das lag daran, dass es im katholischen Gottesdienst so…
na sagen wir mal: durchwachsen zugeht.
Einerseits singen wir die schönen Weihnachtslieder; alte und neue.
Ros entsprungen und Stern über Betlehem.
Aber ausgerechnet am zweiten Weihnachtstag
feiern die Kirchen zugleich den Namenstag des heiligen Stephanus.
Und lesen aus der Bibel vor, wie er zu Tode gesteinigt worden ist.
Stephanus war einer der ersten Diakone in Jerusalem;
den hatte ein Gericht wegen Gotteslästerung verurteilt –
und dafür wurde er gesteinigt.
Der erste christliche Märtyrer.
Aber warum müssen diese Geschichten ausgerechnet heute dran sein?
Na gut – als Diakon war er für’s Teilen und Verschenken zuständig –
und das hat ja was mit Weihnachten zu tun.
Vielleicht ist es auch wirklich gut, gerade am heimeligen Weihnachtsfest
auch auf die harte Wirklichkeit zu blicken.
Eine Wirklichkeit, die natürlich was mit dem Jesus zu tun hat:
Am Anfang der Stall, die Krippe – am Ende das Kreuz.
Wer sich mit dem verbrüdert, wie Stephanus in Jerusalem,
für den gibt es nun mal keine Garantie auf weihnachtliche Gemütlichkeit.
Ein bisschen ungemütlich – auch heute wieder. Das muss wohl so sein.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7399
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