SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Die Atmosphäre ist belastet, die Erde wird jeden Tag mehr zur Wüste. Die vereisten Wassermassen in den Gletscherregionen und in Grönland schmelzen rasant, die Abholzung der Regenwälder hat ebenfalls böse Folgen. Ich rede nicht nur von Klimakatastrophen. Himmel ist ja nicht nur das blaue Gewölbe über uns. Seit Säuglingszeiten erwarten wir von oben nämlich alles Gute, die Liebe der Mutter, die Zuwendung des Vaters. Oben ist der göttliche Raum, vom Himmel kommt jede gute Gabe.
„O Heiland, reiß die Himmel auf, / herab, herab vom Himmel lauf. / Reiß ab vom Himmel Tor und Tür, / reiß ab, wo Schloss und Riegel für.“ So heißt es im alten Adventslied. Man muss darin die aggressive Sprache durchaus mithören: so himmelschreiend sind die Verhältnisse – damals im dreißigjährigen Krieg jedenfalls. Das schreit förmlich nach Rettung – und die kann nur von oben kommen, so das Bild. „Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, / darauf sie all ihr Hoffung stellt?“ Das ist dann die einzige Frage noch , in der sich das gefährdete Leben zusammenzurrt, das ist die Adventsfrage. Man muss diese Verzweiflung an sich heran lassen, aus der das Lied kommt wie ein Notschrei. Die uralten Bilder der Bibel werden christlich benutzt, um aus dem Chaos herauszukommen. „Hier leiden wir die größte Not, / vor Augen steht der ew’ge Tod.“ – So heißt es in der Schlußstrophe. Da wird nicht schwarz-weiß gemalt, da spricht kein Unglücksprophet, da spricht ein Realist, der mutig in die Zukunft schaut.
Für Menschen in der Wüste bedeutet der offene Himmel Regen und Leben. „O Erd schlag aus, schlag aus, o Erde, / dass Berg und Tal grün alles werd‘. / O Erd, herfür dies Blümlein bring, / o Heiland, aus der Erde spring.“ Die Rettung wird von oben erwartet, und genauso von unten. Himmel und Erde müssen zusammenspielen, dann ist der ersehnte Trost da, dann leben wir Menschen in guter Hoffnung, wortwörtlich, aber nur dann. Mit der Gestalt Jesu verbinden wir Christen die Vision von gerechten Verhältnissen, vom ökologischen Gleichgewicht. Er hatte sich den Armen zugewandt und die Reichen kritisiert, er war für die Bedrückten und Ausgebeuteten da und ließ aufblitzen, was Gerechtigkeit für alle heißt. Das, was damals begann, soll überall wirklich werden: Segen und Lebensfülle von oben, Grünkraft von unten, dann ist für alle genug da, dann sind wir bei Trost und im Lot. . Aber wie weit ist es noch bis dahin. „Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, / darauf sie all ihr Hoffung stellt?“ Weiterhin einen gesegneten Advent, das wünsche ich Ihnen und mir.


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