SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag


Ein besonderer Höhepunkt des Jahres ist in unserer Gemeinde immer das Krippenspiel, das der Freundeskreis für Behinderte auf die Bühne bringt. Hier machen Junge und Alte mit, Menschen mit und ohne sichtbare Behinderungen. Sie alle erfüllen die Geschichte von der Geburt Jesu ganz neu mit Leben: Gott nimmt in seinem Sohn Jesus menschliche Gestalt an (Phil 2,6). Und die Menschen sind eben nicht immer jung, schlank und schön. Es gehört zum Leben dazu, einen verletzlichen Körper zu haben. Einen Körper, der alt wird oder krank. Der vielleicht im Rollstuhl sitzen muss. Nicht zu reden von den vielen unsichtbaren Narben und Verletzungen, die Menschen an sich tragen.

Wenn Maria im Rollstuhl nach Bethlehem geschoben wird und den Hirten und Weisen beim Niederknien vor der Krippe die Knie ächzen, dann wird es besonders deutlich: Gott ist wirklich mitten in dieses Leben hier gekommen. Gott überwindet Grenzen, indem er sich menschliche Grenzen zueigen macht. Er wurde als Jude in eine arme Familie hineingeboren und war wie sein ganzes Volk der Willkür der römischen Behörden unterworfen. Er weiß, was es heißt, sich mühselig von Ort zu Ort zu bewegen und Ablehnung zu erfahren. Er hat Schmerzen und einen grausamen Tod erlitten. Er hat Lasten und Beschwernisse mitgetragen. Darum kann er es nachfühlen, wenn Menschen leiden, weil chronische Schmerzen ihnen die Hoffnung rauben. Oder wenn ihre Mitmenschen keinen Gedanken daran verschwenden, welche Hindernisse schon ein normaler Einkauf für einen Rollstuhlfahrer mit sich bringt. Oder weil sie mit zunehmendem Alter nicht mehr ernst genommen werden.

Gott wird Mensch, Gott verlässt den Himmel und geht dorthin, wo es nicht so schön ist.
Er kommt zu konkreten Menschen, zu Menschen mit Behinderungen und Begabungen, zu Schwierigen und zu Glücklichen.
Vielleicht gehören Sie zu denen, die sehnlichst auf sein Eingreifen warten, weil es bei Ihnen gerade nicht so schön ist:
Vielleicht gehören Sie aber auch zu denen, die es gut haben.
Dann kommt er, um zu bitten. Hilf mir, sagt er. Ich brauche deine Kraft, deine Zeit, dein Geld, damit ich auch bei anderen ankommen kann.

Ich kenne Menschen, auf die beides zutrifft. Sie haben Gottes Hilfe im eigenen Leben erfahren. Und das gibt ihnen die Kraft, für andere Menschen dazu sein. Etwa, indem sie unsere Behinderten betreuen, oder im Tafelladen mithelfen. Oder Besuche.
Ich bin dankbar für solche Leute.
Denn an ihnen kann ich ablesen, was Gottes Kommen bewirkt.
Gott hat ihre Not verstanden und ihnen geholfen.
Jetzt können sie auch die Nöte anderer verstehen - und seine Liebe weitergeben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7279
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