Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Heute ist sein Tag. Nikolaustag. Kaum ein anderer der unzähligen Heiligen ist so beliebt wie dieser. Nicht nur bei Kindern. Er ist ein Multi. Zuständig für Seeleute und Bäcker, Reisende und Rechtsanwälte, Feldherren und Gelehrte. Und - das macht ihn in diesem Jahr besonders attraktiv - Nikolaus ist der Schutzpatron der Pfandleiher und Bankiers. Der Bankiers wohlgemerkt, nicht der Banker, wobei der Bankier der verantwortungsbewusste Geldexperte ist und nicht der gierige Finanzjongleur.

Die Geschichte, die sich um den Schutzpatron der verantwortungsbewussten Bankiers rankt, geht so: Ein Christ leiht sich Geld bei einem jüdischen Bankier. Beim Heiligen Nikolaus schwört der Kreditnehmer, dass er das Geld zurückgibt. Pünktlich zurückgibt, so wie es vereinbart ist. Aber er hält sich nicht daran. Die Zeit vergeht, die Fristen verstreichen. Und schließlich behauptet der Christ dreist, er habe doch längst das geliehene Geld zurückgezahlt.

So etwas lässt ein ordentlicher Bankier nicht auf sich sitzen. Und er verklagt den säumigen verlogenen Zahler. Er zieht vor Gericht und dort kommt es zum Schwur. So, als sei es mit der Trickserei noch nicht genug, trickst der Kreditnehmer weiter. Er versteckt das Geld in einem Stock und bittet den Banker, diesen Stock für den Moment zu halten, in dem er seine Hand zum Schwur heben muss.

Und jetzt, es ist wie in einer schlechten Gerichtsshow, jetzt schwört der verlogene Christ, dass der jüdische Bankier schon längst das Geld habe. Nach dem Schwur nimmt er wieder seinen Stock mit dem versteckten Geld und stolziert aus dem Gerichtssaal.

Doch der Betrüger entgeht seiner Strafe nicht. Nachdem er nach dem Meineid das Gericht verlassen hat, wird er von einem Wagen erfasst und stirbt. Der üble Trick kommt heraus und der Bankier erhält doch noch das Geld zurück, das ihm gehört.

Die ganze Geschichte wäre keine Heiligengeschichte, wenn nicht noch einmal der Heilige ins Spiel käme. Der Bankier möchte nämlich das Geld, das er nun erhalten hat, nur annehmen, wenn Nikolaus den Betrüger wieder zum Leben erweckt. Nikolaus ist ein guter Mann und tut dies.

Zugegeben: diese Nikolausgeschichte ist keine schöne, rührselige Kindergeschichte für den Nikolaustag. Aber sie zeigt, wofür dieser Nikolaus steht: Für Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Solche Menschen hat Jesus nicht heilig, aber selig gesprochen, wie alle, die nach Gerechtigkeit hungern und Barmherzigkeit üben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7265
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