SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Rund um Antalya sind die Kornspeicher leer. Sogar die letzten Ziegen und Hühner wurden schon geschlachtet, so schlimm ist es mit dem Hunger. Da melden die Einwohner von Myra ihrem Bischof Nikolaus, dass Schiffe im Hafen eingelaufen sind. Große Schiffe auf der Durchreise, bis an die Reling voll mit Getreide.
Das ist die Chance. Nikolaus geht runter zum Hafen. Er bittet die Besatzung: „Aus jedem Schiff nur 100 Maß Getreide. Für euch fällt das nicht ins Gewicht, aber für uns ist es die einzige Chance zu überleben.“ Die Schiffsleute sind hin- und hergerissen. Das Korn wurde schließlich in Alexandria genau abgemessen und wird schon in den kaiserlichen Vorratshallen in Konstantinopel erwartet.
Doch Nikolaus legt nach: „Tut, was ich gesagt habe. Ich schwöre euch bei Gott, dass ihr keinen Verlust haben werdet!“ Die Schiffsleute sehen die Not und geben nach. Nikolaus lässt das Getreide unter den Menschen verteilen. Es reicht für zwei Jahre und eine Aussaat. Für die Bürger von Myra ein wahres Wunder. Die Schiffsleute haben ihr Wunder noch vor sich: Als die kaiserlichen Beamten das eingetroffene Korn abwiegen fehlt kein einziges Gramm.
Ob eine Legende wahr ist oder nicht, ist für mich nicht so wichtig. Diese hier zeigt Nikolaus einmal mehr als menschenfreundlichen und mutigen Mann.
Aber die Geschichte hat noch eine Message: Nikolaus überredet ja die Schiffsbesatzung, das Gesetz zu brechen. Sie riskiert wegen der hungernden Menschen Kopf und Kragen. Doch sie haben wahrscheinlich begriffen: Gesetze und Vorschriften sind längst nicht alles im Leben. An erster Stelle steht immer der Mensch.
Sollte mir in Zukunft eine Fee begegnen, dann weiß ich jetzt, was ich antworten werde. Und solange keine Fee kommt, kann ich es ja mal selbst versuchen, auf ein „hörendes Herz“ zu achten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7251
weiterlesen...