Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es liegt gut in der Hand, wie eine Art Handschmeichler - das so genannte Handkreuz. Der Querbalken des Kreuzes ist leicht schräg, die Enden versetzt. So kann ich meine Hand gut um das Kreuz schließen, kann es fest drücken und spüre, wie sich die Form in meiner Hand abbildet.

So ein Handkreuz steckt in meiner Jackentasche. Und es hat mich schon in vielen Situationen begleitet. Situationen, in denen mir Trauer und Tod begegnet sind. Oft habe ich dann das Kreuz aus der Tasche genommen und es jemandem in die Hand gedrückt.

Und dann habe ich von diesem Kreuz erzählt. Weil es daran erinnert, dass Gott das menschliche Leiden kennt. Denn Gottes Sohn ist ja dem Leiden nicht ausgewichen. Er hat Enttäuschung, Schmerzen und schließlich den Tod an diesem Kreuz erlitten. Das Kreuz erinnert daran, dass Gott eben nicht im Himmel, in einer Art heilen Welt geblieben ist. ER ist Mensch geworden und kommt auch heute noch denen nah, denen es nicht so gut geht, körperlich, seelisch oder materiell.

Jedes Mal, wenn ich so ein Kreuz in der Hand halte, spüre ich, dass ich nicht alleine bin. Gerade in schweren Stunden, in denen mein geordnetes Leben ins Wanken gerät.

Doch das ist noch nicht alles – wenn ich das Kreuz in der Hand genau befühle, spüre ich die glatte Oberfläche. Das Kreuz ist leer – da hängt kein Körper dran.

Die Bibel erzählt, wie Gott seinen Sohn auferweckt und damit den Tod überwunden hat. Und so wird auch für uns die Zeit des Leidens einmal vorbei sein. Die Trauer wird nicht immer bleiben. Sie wird sich nach und nach in eine gute Erinnerung verwandeln. Das habe ich so erlebt und daran glaube ich.

Und das erzähle ich oft denen, die einen lieben Menschen verloren haben, wenn wir miteinander die Beerdigung vorbereiten. Und manchen drücke ich bei der Gelegenheit dann so ein Kreuz in die Hand. Einmal, als ich der Tochter einer Verstorbenen nach einer Beerdigung die Hand schüttelte, spürte ich das Handkreuz in ihrer Hand. Sie schaute mir kurz in die Augen und sagte: „Danke, es hat mir geholfen.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7194
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