SWR2 Wort zum Tag

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Der Aufbruch der Kirchen zu Welt und Weltkirche

Christinnen und Christen tragen Verantwortung für diese Welt. Diese Verantwortung neu oder wieder entdeckt zu haben - auch das gehört zur Geschichte der Kirchen in der jungen Bundesrepublik Deutschland. So wie das Nachkriegsdeutschland sich nach und nach der Welt geöffnet und Verantwortung in der Staatengemeinschaft übernommen hat, so ist auch in den Kirchen das Bewusstsein für die Weltkirche erwacht: Aids-Waisen in Südafrika und die Menschenrechtsaktivisten in Mittelamerika, Bürgerkriegsflüchtlinge und Opfer von Naturkatastrophen – sie können uns nicht gleichgültig sein.
Seit über fünfzig Jahren schon leistet so beispielsweise das Bischöfliche Hilfswerk Misereor Hilfe zur Selbsthilfe: vom Brunnenbau bis zur Ausbildung von Lehrern und Krankenschwestern. In den deutschen Kirchengemeinden haben seit den frühen siebziger Jahren Interessierte in Dritte-Welt-Gruppen zueinander gefunden; sie waren die ersten, die beispielsweise den Deutschen den Kauf fair gehandelter Waren ans Herz legten. Mit den jungen Kirchen des Südens entstanden unzählige Partnerschaften . Das Zweite Vatikanische Konzil hat dabei die katholische Kirche in Deutschland bestärkt und ermutigt: Besonders in dem Dokument „Gaudium et spes“ erinnert uns das Konzil daran, dass wir mit den Armen und Bedrängten dieser Welt verbunden sind.
Für die evangelische Kirche in Deutschland waren hier vor allem die ersten Vollversammlungen des Ökumenischen Rats der Kirchen 1948 und 1968 wichtig. Zur Gründung und Begründung des so genannten „Kirchlichen Entwicklungsdienstes“ in Deutschland gaben die Vollversammlungen des Weltkirchenrates entscheidende Impulse. Und sehr rasch haben die beiden großen Kirchen in Deutschland begonnen, in Sachen Weltkirche zusammenzuarbeiten.
Dieses weltumspannende Engagement der Kirchen hat umgekehrt auch das junge Deutschland geprägt und sicherlich zu seinem weltoffenen Image beigetragen. Früh sind Arbeitsgruppen entstanden, in denen kirchliche Werke und Dienste mit den staatlichen Institutionen zusammenarbeiten. Aber die Kirchen sind in den letzten Jahrzehnten auch nicht müde geworden zu mahnen: Damit das reiche Deutschland seine weltweite Verantwortung nicht vergisst gilt es zum Beispiel die Kosten des Klimawandels gerecht zu verteilen, zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern.
Sicher, die Kirchen in Deutschland gehen schwierigen Zeiten entgegen: es wird ihnen künftig an Gläubigen und damit auch an Geld fehlen. Sie würden aber ihr eigenes Wesen, ihren Auftrag und ihre Sendung verraten, wenn sie über diese eigenen Sorgen diese besondere Verbundenheit mit den Armen und Bedrängten dieser Welt verraten würden. Das sprichwörtliche Hemd darf uns eben nicht näher als der Rock sein. https://www.kirche-im-swr.de/?m=7132
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