SWR2 Wort zum Tag

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Heute wird er nun doch verliehen, der Hessische Kulturpreis. Ein Preis, der weit über Hessen hinaus für Schlagzeilen sorgte. Denn er sollte in diesem Jahr den kulturellen Beitrag der Religionen würdigen. Deshalb wurden vier Preisträger bestimmt, die für Toleranz stehen und sich für den interreligiösen Dialog engagieren: der katholische Kardinal Karl Lehmann, der frühere evangelische Kirchenpräsident Peter Steinacker, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, und der Islamwissenschaftler Fuat Sezgin.
Doch wie schwierig der religionsübergreifende Dialog dann doch ist, zeigte sich im Lauf des Verfahrens. Erst lehnte Sezgin den Preis ab, weil er mit Salomon Korn in Sachen Israel und Palästina nicht übereinstimmte, dann sahen sich Lehmann und Steinacker durch den neuen Mitpreisträger Navid Kermani in eine schwierige Situation gebracht. Kermani hatte einen kontroversen Artikel über ein Kreuzigungsbild veröffentlicht. Ein klärendes Gespräch hat die vier Preisträger dann doch noch zusammengebracht. Und es wird spannend sein, was sie heute sagen werden.
Mich hat beschäftigt, wieso es immer wieder Probleme gibt, wenn Menschen über ihre Religionen miteinander ins Gespräch kommen. Ich glaube, ein wichtiger Grund ist: Religion ist etwas Intimes. Wer glaubt, sich mit allen Fragen und Hoffnungen auf das Wagnis des Glaubens einlässt, der gibt sehr viel von sich. Glauben heißt nämlich, sich als Mensch zu öffnen. Wer nur bei sich selbst bleibt, kann nicht glauben. Doch sich öffnen heißt immer auch: angreifbar werden, verletzlich sein. Weil ich etwas von mir selbst gebe und zeige. Weil ich mein Denken öffne. Und weil ich mich darauf einlasse, einen bestimmten Glauben für richtig und wichtig für mein Leben zu halten.
Deswegen glaube ich, dass der religiöse Dialog nur gelingen kann, wenn die Glaubensüberzeugung des anderen geachtet wird. Unabhängig davon, ob ich sie plausibel finde oder nicht nachvollziehen kann.
Dialog kommt übrigens aus dem Griechischen und heißt im Wortsinn: Das Fließen von Worten oder auch das Durchdringen der Worte. Ins Fließen kommen Worte aber nur, wenn es keine Blockaden gibt, wenn jeder den anderen auch verstehen will. Und Dialog fängt dann schon an, wenn jemand sagt: Ich verstehe deinen Glauben nicht, versuch ihn mir noch besser zu erklären. Oder: Ich sehe das anders, ich glaube etwas anderes. Und trotzdem dabei zuzugestehen, dass der Glaube des Anderen etwas ist, das mit Respekt zu behandeln ist. Wenn der Streit um den Hessischen Kulturpreis das bewirkt hat, ist schon viel erreicht. https://www.kirche-im-swr.de/?m=7131
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