SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Wenn die Kinder heute Abend zum Martinsumzug gehen, dann freuen sie sich vor allem auf das Pferd. Mit ein bisschen Glück dürfen sie es streicheln. Es ist eine Attraktion. Auf vielen Darstellungen sieht man Martin auf seinem Pferd. Er beugt sich nach unten und reicht dem jämmerlich frierenden Mann eine Mantelhälfte. Aber haben sie das schon mal versucht? Auf einem Pferd zu sitzen, das unruhig hin- und her tänzelt. Und dann mit einem Schwert einen Mantel zu zerschneiden. Das geht gar nicht.
Ich bin sicher: Martin hielt an und stieg ab. Begrüßte den armen Mann. Zerschnitt den Mantel, verschenkte eine Hälfte. Verabschiedete sich und stieg wieder auf.
Martin steigt vom Pferd. Damit überwindet er die Distanz. Er, der reiche Soldat, oben, erhoben auf dem Pferd. Unten der Bettler.
Nein! Martin begibt sich auf Augenhöhe mit dem armen Mann. Was übrigens viel freundlicher klingt als „Bettler.“ Betteln ist in unserem Land sehr negativ besetzt und wertet die Menschen ab.
Martin begibt sich also auf Augenhöhe mit dem armen Mann. Spricht mit ihm, ist freundlich. Darauf kommt es an. Der Mantel ist auch wichtig, das Teilen, das Helfen, aber zunächst einmal kommt etwas anderes: zuerst sollte ich im anderen einen Mensch sehen. Und das geht nicht von oben herab, sondern nur wenn ich vom hohen Ross heruntersteige.
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