SWR2 Wort zum Tag

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„Mit der Bergpredigt Jesu kann man keine Politik machen“, sagen manche Politiker. – Warum eigentlich nicht? Weil da so verrückte Dinge drinstehen wie: Nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Auch Feinde lieben. Sich nicht vom Zorn beherrschen lassen ... - Ich glaube nicht, dass die biblischen Gedanken so fern sind vom Alltag, wie dieses Urteil besagt. Nehmen wir zum Beispiel den Gedanken der Feindesliebe. Diejenigen lieben, die man mag, das kann jeder. Aber was ist mit denen, die mir feindlich gesinnt sind?

Schon in den Weisheitsbüchern der Bibel, lange vor Jesus, ist das ein Thema: (Spr. 25,21f) Dort heißt es „Wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken.“

Zwei Gedanken stecken für mich in diesem Satz. Der erste ist grundsätzlich und persönlich: Auch wenn ich auf jemanden treffe, der mir feindlich gegenüber steht, will ich mir selbst treu bleiben. Mir und dem, was mir wichtig ist: Ich will nicht taktieren, nicht andere aushebeln, nicht verächtlich von anderen reden. Ob das die Haltung eines mir feindlich Gesinnten verändert, ist natürlich nicht gesagt. Aber ich verhalte mich so, dass ich mir selbst treu bleibe. Ich lasse mich nicht vom anderen zu seinem Feind machen.

Der zweite Gedanke ist sehr konkret. Er heißt: Die elementaren Lebensbedürfnisse des anderen, Hunger und Durst sind zu stillen. Als erstes. Derjenige, der als Feind auftritt, muss zunächst einmal das bekommen, was er zum Überleben und Leben braucht. Die reale Politik des Sattwerden-Lassens könnte die Feindschaft überflüssig machen. Wenn der feindlich Gesinnte leben kann, wenn sein Leben, sein Auskommen nicht mehr bedroht ist, muss er vielleicht nicht dein Feind bleiben.

An den Krisenherden der Welt, von Afghanistan bis zum Sudan, kann man beobachten: Hungrige und durstige Menschen, die um ihr Überleben kämpfen müssen, sind ein leichtes Spiel für alle diejenigen, die diese Not in Feindschaft, Krieg und Fanatismus zu verwandeln verstehen. Wer hingegen satt ist und zufrieden, wer ein Dach über dem Kopf hat und sein Auskommen, wer lernen darf und arbeiten kann, wer frei ist in seinem Glauben und seinem Lebensstil, will keine Feinde und will nicht als Feind ausziehen müssen und das alles aufgeben.

Hunger und Durst stillen – eine erste Maßnahme: Jede kluge Politik wird solches tun und versuchen, aufkeimender Feindschaft die Grundlagen zu entziehen. Mag sein, dass das zunächst nur eine oberflächliche Befriedung und nicht wirklicher Friede ist. Das mag sein. Aber es ein Anfang. https://www.kirche-im-swr.de/?m=7047
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