SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Eines Abends klingelte es an der Tür des Pfarrhauses, in dem wir damals wohnten. Zwei Leute standen draußen, deren Mutter ich einige Tage zuvor beerdigt hatte. Sie drückten mir eine Flasche Wein in die Hand mit den Worten: Wir wollten uns bei ihnen bedanken. Es hat einfach gut getan, was sie gesagt und für uns gemacht haben. Danach verschwanden sie wieder. Ich habe noch oft an diese abendliche Begegnung gedacht.
Es gibt Worte, die sind einfach wie Proviant, den man sich für schlechtere Zeiten aufheben kann. Worte, die gut tun, die aufbauen, die wie Milch und Honig sind für unsere Seele.
Vielleicht ja, weil wir viel öfter die anderen Worte zu hören bekommen. Worte, die kränken oder verletzen und die oft schlimmer sind als körperlicher Schmerz: War ja klar, dass du das nicht schaffst. Oder: Sie sind hier überflüssig, wir brauchen sie nicht mehr. Sätze, die nicht nur richtig weh tun. Sie ritzen sich regelrecht in unsere Seele ein und wer sie nur oft genug zu hören bekommt, der glaubt sie irgendwann. Mobbing scheint inzwischen zu einer Art Seuche geworden zu sein, die schon in den Klassenzimmern der Grundschule um sich greift. Das liegt nicht zu letzt daran, dass es so lächerlich einfach ist und trotzdem so verheerend. Ich kann einen Anderen mit gezielten Worten fertig machen, ohne ihm allzu nahe zu kommen. Einen Menschen stärken und aufbauen jedoch geht nicht ohne Nähe. Ein Wort, das zu Herzen geht, wird letztlich nur ankommen, wenn es auch von Herzen kommt. Wenn ich nämlich merke: Der redet das nicht nur so daher. Der meint es auch. Der meint mich. Es war sicher eines der großen Talente Jesu, mit seinen Worten die Herzen der Menschen erreichen zu können. Ich sage dir steh auf, heißt es in der Bibel oft, wenn er einen Menschen gesund machte, körperlich und seelisch. Und dieser Mensch stand auf und ging voller Freude weg. Ob wir uns bei allem unendlichen Geplapper Tag für Tag der Macht unserer Worte wirklich immer bewusst sind?
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7008
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