Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Es gibt keinen Gott…ein erfülltes Leben braucht keinen Gott.“ Diesen Satz habe ich kürzlich auf einem roten Doppeldeckerbus gesehen. In großen Buchstaben geschrieben. „Es gibt keinen Gott.“ Mit diesem Satz ist der rote Bus im Sommer durch ganz Deutschland gefahren, um deutlich zu machen: nicht jeder bei uns ist ein gläubiger Mensch. Die Teilnehmer dieser Busfahrt sagen: „Nichtreligiöse und Atheisten sollten mutiger werden, sich gegen religiösen Hochmut zur Wehr zu setzen. Und sie sollten sich in unserer Gesellschaft mehr zu Wort melden.“

Ziemlich provokante These, dachte ich. Dann hab ich den zweiten Bus gesehen. Ein moderner weißer Reisebus. Der war offenbar von frommen Christen gechartert. Denn auf seinen Flanken steht groß geschrieben: „Und wenn es ihn doch gibt…?“

Und tatsächlich ist der weiße Bus dem roten über die Autobahnen durch halb Deutschland gefolgt und hat ihn auf seiner Atheismus-Werbefahrt fast nie alleine gelassen.

Ich hab beide Busse mal fotografiert und die Bilder jetzt meinen Schülerinnen und Schülern im Religionsunterricht gezeigt. „In welchen Bus würdet ihr eher einsteigen?“, hab ich sie gefragt und war erstaunt: Unentschieden!
Die eine Hälfte der Klasse fragte: „Recht haben die, wo soll Gott denn sein? Wir sehen ihn nicht und können nicht spüren, dass irgendeine größere Macht da ist. Und wieso lässt er eigentlich Katastrophen zu?“
Die andere Hälfte der Klasse hielt dagegen: „Ich würde mit dem weißen Bus fahren, denn wenn man im Leben an etwas glaubt, fällt es leichter, Probleme gemeinsam anzugehen. Mit dem Glauben entwickelt man Hoffnung. Und Hoffnung braucht man im Leben. Ohne sie kann man schnell mal in ein mentales Loch fallen. An Gott kann man außerdem Dinge lernen wie Nächstenliebe.“

„Und was würde Jesus machen?“, fragten mich die Schüler. „In welchem Bus würde der mitfahren?“
Ich glaube: Jesus würde mit den Insassen beider Busse fahren und reden wollen. Mit den einen über Unglauben und Atheismus, mit den anderen über möglichen Hochmut. Er würde vielleicht an Autobahn-Raststätten Pause machen und die Roten und die Weißen miteinander ins Gespräch bringen. Essen und Trinken. Eine Streit-Pause einlegen. Und sie später vielleicht zum Abendmahl einladen.

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