SWR4 Abendgedanken RP

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„Gott hält sich immer ein paar Künstler“ hat mal jemand gesagt. Und wir freuen uns in den alten Kirchen über phantastische Fenster, Malereien, Skulpturen und Orgelmusik. Aber Gott hält sich nicht nur tote Künstler. Es gibt auch lebende, die ihre Kunst ganz bewusst von ihrem Glauben her verstehen. Heute möchte ich Sie bekanntmachen mit der christlichen Künstlergemeinschaft „DAS RAD“.

Teil 1

1979 haben wir uns zum ersten Mal zu Gesprächen getroffen,….Es gibt sehr wenig Gelegenheit für Menschen mit künstlerischen Begabungen in künstlerischen Berufen über die Spannungen zwischen ihrem Glauben und ihrer Arbeit zu reden. Wir haben uns dann in ganz informellen ersten Treffen überzeugt, dass wirklich viele Menschen in diesem Land, in Rheinland-Pfalz, aber auch darüber hinaus, dieses Bedürfnis haben, sich mit anderen, die auch aus dieser Spannung heraus arbeiten, auszutauschen.

Manfred Siebald aus Mainz war einer der Ideengeber für DAS RAD, zusammen mit dem Journalisten Erhard Diehl. 50 Künstlerinnen und Künstler waren zusammengekommen bei jenem ersten Treffen in Wetzlar. Sie wollten eine Gemeinschaft von Künstlern gründen, die ihre Begabungen und ihre Kreativität als besondere Gaben Gottes verstehen, als Geschenk. Darüber kann man sich freuen, damit kann man arbeiten, aber das macht natürlich auch Probleme und provoziert Fragen: Wie setzte ich meine Talente richtig ein? Wie gehe ich mit Misserfolg, mit Ablehnung und Arbeitslosigkeit um? Und wi mit Erfolg und Bewunderung? Diese Treffen sollten kein Klüngelverein unter Bekannten sein.

Manfred Siebald:
Wen lädt man zu solchen Treffen ein? Und in langen Gesprächen haben wir uns zu der Formulierung durchgerungen: Mitglied im RAD kann werden, wer Christ ist, und wer seinen Lebensunterhalt mit künstlerischer Arbeit verdient. Oder ihn auf Grund seiner Ausbildung oder der Qualität seiner Arbeit damit verdienen könnte.

Manfred Siebald ist selbst einer davon: christlicher Liedermacher und Schriftsteller mit zahlreichen CDs und Veröffentlichungen, auch wenn er im Hauptberuf Dozent für Amerikanistik in Mainz ist. Die Treffen wuchsen von Jahr zu Jahr, in Künstlerkreisen sprach sich herum, dass da etwas Interessantes passiert – nicht nur in Deutschland.

Eines der Vorbilder, das wir als Gründer damals vor Augen hatten, war die Arts Center Group in London, in der Cliff Richard, Nigel Goodwin und andere wirklich bekannte Künstler Großbritanniens das Ähnliche versuchten. Und diese Arbeit der Arts Center Group hat sich auch auf anderen Kontinenten, in anderen Ländern fortgepflanzt und mit denen haben wir, auch heute noch regen Austausch, machen uns gegenseitig Mut, erzählen uns gegenseitig von Schwierigkeiten, die wir haben, und auf diese Weise lassen sich manchmal Lösungen finden, die man irgendwo anders ausprobiert hat.

Teil 2

Der SWR 4 Blickpunkt Kirche heute Abend über die DAS RAD, eine Gemeinschaft von Künstlern, die Kunst und christlichen Glauben miteinander verbinden wollen.
Jedes Jahr im Februar treffen sie sich zu einer großen Jahrestagung mit über 200 Menschen aus künstlerischen Berufen. Siegmar Rehorn aus Mainz gehört zum Leitungskreis und ist damit einer der Wenigen, der die ganze kreative Fülle überblicken.

Musiker bringen ihre Instrumente mit, Maler, Bildhauer bringen zwei, drei transportable Arbeiten mit, zeigen Projekte, so dass die Tagung auch nicht nur aus Vorträgen besteht, sondern aus Ausstellungen, aus Aufführungen, Performances, Installationen und es gibt sehr viel persönlichen Kontakt untereinander: Ich zeig euch mal meine Mappe, ich lese euch mal diesen Text vor, ich zeig euch mal dieses Stück Film, das ich gedreht habe, lasst uns mal darüber diskutieren. Das Resultat ist, dass man nach diesen dreieinhalb Tagen voll ist von Eindrücken, weil man selbst sehr viel gezeigt, gegeben hat und noch mehr gesehen, gehört hat von anderen aus ihren künstlerischen Sparten.

Von diesem Austausch, persönlich und fachlich, lebt die Tagung:

Darum fährt auch Uwe Zeutzheim immer wieder zum RAD. Er ist Pianist und Dozent am Mainzer Konservatorium. Aber:
Wenn es nur Musiker wären, wäre die RAD-Tagung für mich, glaube ich, gar nicht so attraktiv, weil ich den ganzen Tag mit Musikern zu tun habe. Und diese verschiedenen Fachgruppen: Maler, Schriftsteller, Designer, Tänzer, Kleinkünstler, das ist für mich unheimlich bereichernd, der Austausch mit ihnen, deren Probleme zu hören, und für mich als Musiker auch über den Tellerrand zu schauen.

Manchmal reisen Künstlerkollegen mit ganz konkreten Fragen an, wie sich Manfred Siebald erinnert:
Da waren Schauspielerinnen, die zum Beispiel sich auf der Bühne nicht nackt ausziehen wollten, weil sie das mit ihrem Glauben nicht vereinbaren wollten und konnten, und die dann sich bei uns erkundigt haben: Darf man das als Christ?

Aber die Tagungen bieten auch Raum, Künste miteinander zu verbinden und Neues auszuprobieren. Uwe Zeutzheim:
Es wurde ein Bild aufgestellt eines RAD-Künstlers und Musiker haben sich ganz spontan zusammengesetzt und darüber improvisiert und kurz danach haben Maler über Musik improvisiert, haben spontan ein Bild gemalt, und das war unglaublich, das mitzuerleben, diese Spontaneität und dieses Übergreifende, das inspiriert mich sehr in meinem Schaffen.

Was in diesem Jahr geplant ist und welche Rolle der christliche Glaube für die Künstlerinnen und Künstler spielt, davon werde ich Ihnen nach der Musik erzählen.

Teil 3

Das ist allen wichtig: dass sie nicht nur als Künstlerinnen und Künstler zu den Jahrestagungen des RADes kommen, sondern auch als Christen. Sie sehen die eigenen Talente und Fähigkeiten nicht nur als persönliche Möglichkeiten, sondern als Gottesgeschenk.

Uwe Zeutzheim, Pianist aus Rheinhessen, formuliert das so:
Ja auf dem RAD habe ich auch von einem RAD-Dichter einen Liedtext, und der geht so: Was wir so fest in Händen halten, das ist uns alles nur von Gott geliehn, wir dürfen es gestalten, wir dürfen es verwalten und geben es zurück an ihn. Und das ist so zu einem Motto in meinem persönlichen Leben, aber auch in meinem künstlerischen Leben geworden, dass wir unsere ganze Freude und Gabe und Leidenschaften wirklich ausdrücken dürfen, aber dann auch das „geben es zurück an ihn“, dass das auch Sinn macht. Meine Kunst macht Sinn, dass ich das nicht nur für mich und zu meinem eigenen Erbauen mache, sondern ich kann´s weitergeben, und das gibt mir sehr viel Sinn.

Darum sind die ersten drei Tage bei jedem Treffen zwar voll mit künstlerischen Erfahrungen und Austausch, sind aber auch eingebettet in gemeinsame Andachten, Gebete und seelsorgerliche Gespräche. Der letzte Tag ist geprägt davon, dass alles, was gedacht, gespielt, gelobt, beweint und geplant wurde, an Gott zurückgegeben wird.

Siegmar Rehorn, Papierkünstler aus Mainz und Mitglied im Leitungskreis:
Der Höhepunkt der Tagung ist für uns alle, glaube ich, für mich auf jeden Fall, der Gottesdienst am Montag, wo viele Künste eingebracht werden, wo viele Dinge erst gar nicht erklärt werden müssen, weil Künstler das verstehen, und weil es ihre Sprache ist, in der dort Gott angebetet wird, in der Gott gepriesen wird mit den verschiedensten Medien von Musik über Bild und Tanz und Schauspielerei.

In zehn Tagen ist es wieder soweit. Weil der bisherige Tagungsort zu klein geworden ist für DAS RAD, treffen sich die Künstler in einem neuen großen Zentrum in Schwäbisch-Gmünd.

Siegmar Rehorn:
Unser Thema heißt „Doppelleben“, weil viele von uns das erfahren, dass ihr Leben, auch ihr berufliches Leben oft in mehrere Teile gespalten ist, sie sind Christen und Künstler und kriegen oft – wir kriegen oft das nicht so zusammen. Eingeladen haben wir uns dazu Dr. Martin Grabe. Er ist Chefarzt, Psychiater und Psychotherapeut, und wir sind gespannt, was so ein Profi, der sich im Inneren, in der Seele des Menschen auskennt, uns Künstlern dazu sagen kann.

Bleibt mindestens noch eine Frage offen: Warum heißt die Gruppe DAS RAD?
Ganz einfach: weil Menschen, die sich bewegen, weiterentwickeln und unterwegs sein wollen, eine Mitte brauchen, um die sie sich drehen können. Diese Radnabe, diese Mitte ist für die Künstlergemeinschaft Jesus Christus. Alle Künste kommen von ihm wie Speichen eines Rades, alle weisen letztlich auf ihn hin. So wichtig der Erfolg im Leben eines Künstlers ist. Was sie verbindet als Gemeinschaft, das ist ihre besondere, etwas andere Haltung zum Erfolg. Sie freuen sich darüber, sie trösten einander, wenn er ausbleibt. Aber ihre Mitte- das, um was sich ihr Leben dreht, was sie trägt und zusammenhält, das ist ihr Glaube an Jesus Christus. https://www.kirche-im-swr.de/?m=687
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