SWR2 Wort zum Tag

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In diesen Tagen werden in der Kirche die Schutzengel gefeiert. An Engel glauben, sich vorstellen, dass ein Engel in meiner Nähe ist, in der Nähe von Menschen, die mir wichtig sind, dass ist manchmal leichter, als an Gott zu glauben Vielleicht, weil Engel ja auch etwas Menschliches haben, weil wir sie uns irgendwie vorstellen können, egal ob mit oder ohne Flügel. Vielleicht auch, weil sie unsere Ahnung verkörpern, dass da jemand in unserer Nähe ist, wohlwollend auf uns acht hat. Und weil sie uns helfen, geliebte Menschen, vor allem auch Kinder, ihre eigenen Wege gehen zu lassen. In der Bibel gibt es die verschiedensten Engel: manche bringen eine Botschaft, manche stellen sich einem in den Weg, zwingen zur Kurskorrektur, andere besiegen Ungeheuer. Alles das brauchen wir im Leben und können es nicht selber machen. Das steckt also auch im Schutzengelglauben: die Ahnung, ich selber, die Menschen, die mir wichtig sind, wir bekommen auf unserem Weg das, was wir brauchen. Ich kann mich hinauswagen, und ich kann auch die geliebten Menschen ziehen lassen. Viele Dichter haben das wunderschön gesagt, Mascha Kaléko zum Beispiel. Ihr Gedicht heißt:

An meinen Schutzengel
Den Namen weiß ich nicht. Doch bist du einer
Der Engel aus dem himmlischen Quartett,
Das einstmals, als ich kleiner war und reiner,
Allnächtlich Wache hielt an meinem Bett.

Wie du auch heißt – seit vielen Jahren schon
hältst du die Schwingen über mich gebreitet
Und hast, der Toren guter Schutzpatron,
Durch Wasser und durch Feuer mich geleitet.

Du halfst dem Taugenichts, als er zu spät
das Einmaleins der Lebensschule lernte,
Und meine Saat, mit Bangen ausgesät,
Ging auf und wurde unverhofft zur Ernte.

Seit langem bin ich tief in deiner Schuld,
Verzeih mir noch die eine – letzte – Bitte:
Erstrecke deine himmlische Geduld
Auch auf mein Kind und lenke seine Schritte.

Er ist mein Sohn, das heißt: er ist gefährdet.
Sei um ihn tags, behüte seinen Schlaf.
Und füg es, dass mein liebes schwarzes Schaf
Sich dann und wann ein wenig weiß gebärdet.

Gib du dem kleinen Träumer das Geleit,
Hilf ihm vor Gott und vor der Welt bestehen,
Und bleibt dir dann noch etwas freie Zeit,
Magst du bei mir auch nach dem Rechten sehen.

Ein Gedicht an den Schutzengel von Mascha Kaléko

Mascha Kaléko, An meinen Schutzengel. Zit. in: Andere Zeiten, Ich geb’ dir einen Engel mit. Hamburg 2004
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6837
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