SWR3 Gedanken

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Bei den vielen Diskussionen um Afghanistan ärgert mich vor allem, wie da über die Köpfe unserer Soldaten hinweg diskutiert wird. So als wären sie Bauern in einem Schachspiel, die man beliebig hin- und herschieben kann.
Aber wer denkt eigentlich daran, in was für einem Dilemma die Soldaten stecken? Was es heißt, in Gefahr zu geraten und vielleicht schießen zu müssen. Wer macht sich die Mühe, sich in die Soldaten hineinzuversetzen?
Mein Freund Thomas ist Militärseelsorger bei der Bundeswehr. Er kennt viele Soldaten, die im Einsatz sind oder waren. Und er kennt auch ihr Dilemma, wenn es ums schießen geht. „Weißt Du,“ hat mir Thomas gesagt. „Von den Männern, die ich kenne, greift keiner leichtfertig zur Waffe. Du musst Dich ja für jeden Schusswaffeneinsatz rechtfertigen. Wenn drüben was passiert, steht sofort die Staatsanwaltschaft auf der Matte.
Aber das ist noch nicht das schlimmste. Wenn die Männer schießen, dann müssen sie das ihr Leben lang mit sich rumtragen. Ein Berufssoldat hat mich kürzlich gefragt: Komme ich in die Hölle wenn ich einen Taliban erschieße? Die Frage war kein Spaß. Der Mann war schon in Afghanistan. Das hat ihn wirklich beschäftigt.
Jetzt kann ich ja als Militärseelsorger nicht einfach sagen „Du darfst schießen.“ Es heißt ja nicht nur in den 10 Geboten Du darfst nicht töten, es heißt in der Bibel ja sogar, Du sollst Deine Feinde lieben.
Aber zumindest muss man sehen, dass Jesus das Soldatsein an sich nicht abgelehnt hat. Als ein Hauptmann zu Jesus kommt und ihn bittet „Heile meine Tochter“, da hat Jesus nicht gesagt: „Hör erst mal auf, Soldat zu ein“, sondern seine Tochter ohne wenn und aber geheilt. Natürlich muss man in Frage stellen wofür der Soldat sich einsetzt. Und jeder Soldat muss sein Gewissen immer wieder prüfen. Wenn es dazu kommt, dass Du zur Waffe greifen musst, dann ist das schlimm.“
Und was hast Du dem Soldaten geantwortet will ich von Thomas wissen. „Kommt er in die Hölle, wenn er jemanden erschießt?“
„Ich habe ihm gesagt, dass wir in letzter Konsequenz auf das Erbarmen Gottes angewiesen sind. Dass wir darauf hoffen müssen - aber auch dürfen - dass sich Gott auch dann nicht von uns abwendet. Und dass er wie kein anderer unsere inneren Kämpfe kennt.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6830
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